Touristischer Irrtum

Einer der kulinarischen Standards, die es so gibt, ist das Wiener Schnitzel. Eine dünne Scheibe bestes Kalbfleisch wird mit Mehl, Ei und Semmelbrösel paniert und dann in Butterfett ausgebacken. Dazu gibt es knusprige Bratkartoffeln, etwas Zitrone und (Gurken-)Salat. Ein an sich einfaches Gericht, das sehr schwer so ganz richtig hinzukriegen ist. Es lebt von der Qualität seiner Zutaten, wenn es schmecken soll, und der richtigen Zubereitung. Deswegen habe ich auch noch nie ein richtiges Wiener Schnitzel gegessen. Ein paniertes Schweineschnitzel heißt im Ideal “Schnitzel Wiener Art”, es ist etwas robuster, aber in der Herstellung ähnlich filigran wie das namensgebende Vorbild mit Kalb.
Wenn man in unbekannter Gegend auf der Suche nach einer guten Quelle leckerer Speise ist, sollte man den Einheimischen hinterher gehen. Die wissen, was gut ist und wo es das gibt. In touristischen Gegend ist dieses Vorgehen schwierig, weiß man doch nicht, ob die Leute, denen man folgt, Einheimische oder Touristen sind. Und eigentlich hätten uns die Schilder mit den werbenden Hinweisen auf preisgünstige Cocktails, preisgünstiges Eis oder billiges Frühstück stutzig machen müssen. Auch las sich die aushängende Fischkarte eher nach Systemgastronomie als nach Kochkunst. Aber manchmal will man die Anzeichen ja auch nicht sehen. Der Blick über die Müritz, die angenehme Außenatmosphäre und der nicht zu hohe touristische Andrang brachten zwei Müßiggänger dazu, in dunkelgrauen Korbstühlen Platz zu nehmen und Atzung zu ordern.
Fangen wir mit dem positiven an: Der Präsentation. Bestellt war ein “Schnitzel Wiener Art mit Pommes”.

Und das nicht so positive: Alles andere. Dröges Schnitzel, dröge Pommes, dröger Krautsalat. Das Getränk war zur Bewältigung der Nahrungsaufnahme dringend notwendig, da die dezente Würzung der Speise auch keinen wirklichen Speichelfluss im Mund provozierte. Das schien aber Grundprinzip beim Warener Schnitzel-König zu sein, der panierte Fisch an Remoulade mit Pommes auf dem Nachbarteller wies die gleiche Eigenheit auf. Convenience-Essen zur Massenabspeisung. Über die Qualität scheint man nicht mehr an die Kunden zu kommen, also probiert man es über die Preise. Kein guter Weg.

9 Gedanken zu „Touristischer Irrtum“

  1. Das ist doch weit verbreitetes Prinzip heutzutage: mach´s billig, mach´s schnell, und wenn du Glück hast, kommt genug Laufkundschaft, dass du gut davon leben kannst. Und genügend Zeitgenossen, deren Geschmackssinn von industry food schon verkümmert ist und denen das dröge Schnitzel ganz doll mundet, gibt es zudem auch noch.

  2. Ich bin ja bekannt für meinen Hang zum schnellen – und preiswerten. Aber eines sollte es: schmecken. Der Faktor Preis dient als Qualitäts-Indikator. Ausschlagend in beide Richtungen. Ich für meinen Teil durfte im Österreich-Urlaub dieses Jahr das beste Schnitzel “Wiener Art” verköstigen, was mir bisher je unterkam. Von daher: Mein Beileid!

  3. ich habe ja keinen imbis oder dergleichen. meine frauen verkaufen die schnitzel direkt aus der pfanne, am tag der herstellung. ME ist das a und o bei einem schnitzel das klopfen. ich persönlich haue ein kalbsschnitzel so flach, das es gerade ebend noch zusammen hält. dann isses so groß wie ein normaler teller. würzen, panieren, 30 sec. freischwimmen in heißem öl. abtropfen auf küchenkrepp. fertsch isses. wenn das fleisch dann noch marmoriert war kann man gott danken für so etwas schönes. dazu mag ich kartoffelspalten mit schale kurz in olivenöl geschwenkt & mit salz pfeffer, kümmel gem. und koriander abgewürzt. kross gebacken. so jetzt hab ich speichelfluss…eine schöne kalbskeule in meinem kühlhaus dürfte dem heute abend abhilfe schaffen 🙂 und ja, kalbfleisch ist teuer, bei mir gerade noch unter 20 tacken das kilo…
    grundsätzlich überlasse ich den weg “über den preis” allen anderen mitbewerbern im ort.

    1. Spricht für dich. Ich such bei mir in der Gegend noch einen Fleischer, bei dem man gut und regelmäßig Kalb, Lamm u.a. erwerben kann. Noch habe ich ihn nicht gefunden. Dafür haben wir hier eine kleine Fleischereikette, die nicht nur die Tiere selber aufzieht, sondern auch noch das Futter dazu anbaut. Aber eben nicht die “exotischen” Fleischsorten.
      Bei der Schnitzelbeschreibung fang ich selber auch an zu sabbern. 😉

  4. Wir haben uns das schnell mal ins Restaurant gehen und was leckeres esen shon lange abgewöhnt. Auch wir haben genau das selbe schon mehrfach erlebt wie Du beschrieben hast. Die meisten, ich denke es sind schon 80 % der Wirte, kaufen nur noch billigste Ware ein und verschleudern dann alles zu Dumpingpreisen um auf Masse zu machen. Gott sei Dank haben wir genau solch einen Fleischer im Ort wie sten es schrieb und seit Jahren machen wir uns die besten Speisen zu Hause.

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