Natürlich weiß ich nicht, wie ihr Eure Nudeln in Schinken-Sahne-Soße nennt, kommt aber genau das auf den Tisch, dann ist es auch genau das. Wenn man ein wenig in die Gerichte eintaucht, ertrinkt man nicht in der Soße und lernt, dass Spaghetti alla Carbonara eigentlich was völlig anderes ist. Mir fällt da der Vergleich mit Pulver- und richtigem Cappuccino ein. Oder besser: Der Vergleich von Cappuccino und (deutscher) Kappudschino. Letzteres ist eine Tasse Kaffee mit Schlagsahnehaube. In der Österreichischen Kaffeehauskultur gibt es dafür einen mir gerade entfallenen Namen.
Soll heißen: Nudeln in Schinken-Sahne-Soße und Spaghetti alla Carbonara sind zwei anerkannte Pasta-Gerichte, haben aber nix miteinander zu tun. Und das schöne: der italienische Klassiker ist in der Zubereitung eigentlich einfacher. Man braucht nur Timing, Spaghetti, Ei, Parmesan und Guanciale – luftgetrocknete Schweinebacke. Sollte die der Fleischer eures Vertrauens diese nicht ständig anbieten, empfiehlt sich ein Blick ins Netz oder ein Spezialitätenladen. Oder Parmaschinken. Geht auch. Laut des Rezepts des größten deutschen italienischen Kochs auf Twitter nimmt er auch den Schinken.
Wie es aber der Zufall so will, habe ich Guanciale im Haus. Ein hiesiger Supermarkt hat gepökelte, aber nicht luftgetrocknete Schweinebacke fast ständig im Sortiment, vielleicht sollte man sich mal im Lufttrocknen probieren.
In der kalten(!) Pfanne präsentiert sich die Schweinebacke. Und sie soll angeschnitten werden.
Der Anschnitt ist vollbracht. Man beachte (auch schon auf dem ersten Bild) den würzigen Mantel. Spätestens auch durch die Verwendung des Kantenstücks erübrigt sich fast jede weitere Würzung.
Nachdem die ganze Schweinebacke die Pfanne verließ, wurde diese sanft, aber nachhaltig erhitzt und mit etwas Olivenöl benetzt. Dort hinein kommen die Backensteifen. Bereits vorher sind die Spaghetti ins Wasser gekommen. Sie zu kochen dürfte der langandauernste Vorgang bei diesem Rezept sein. Aber die Speckstreifen in der Pfanne können auch eine Weile ruhen, wenn sie fertig sind. Dazu kann man die Hitze unter der Pfanne auf null reduzieren.
Die Backe ist ausgelassen und wartet in der heißen, aber nicht mehr weiter mit frischer Wärme (die Platte unter der Pfanne ist natürlich noch restwarm) versorgten Pfanne auf die Spaghetti.
Sind die al dente, geht der Rest eigentlich schnell.
Die Spaghetti kommen mit einem guten Schuss Kochwasser in die Pfanne.
Darauf folgt der geriebene Parmesan …
… und die Eigelb. Spätestens jetzt darf unter der Pfanne keine große Hitze mehr sein. Wir wollen schließlich kein Rührei. Alles wird gut und innig vermengt.
Etwas Pfeffer hat noch nie geschadet. Auch der wird mit untergeschwenkt.
Und schon ist das einfache und doch so leckere Gericht auch schon fertig. Verschiedenen Quellen zufolge dürfte das dem alten Original (wenn es denn das überhaupt gibt) von Spaghetti alla Carbonara doch mit am nächsten kommen. Ein paar Kräuter vollenden ggf. den Genuss. Guten Appetit.
P.S.: Nur mühsam konnte ich mich zurückhalten, ein paar Cocktailtomatenviertel mit in die Pfanne zu werfen, schließlich sollte es doch so original wie möglich sein. Sie hätten dem Gericht noch einiges mitgegeben und es frischer gemacht. Aber dann wäre es auch keine „alla Carbonara“ mehr gewesen.
P.S.II: Wie jeder gute italienische Klassiker stammt auch dieser zwar aus Italien, aber die USA haben doch mitgemischt. Wo haben die ihre Finger mal nicht im Spiel? 😉
18 Gedanken zu „Spaghetti alla Carbonara – möglichst dicht dran“
Kommentare sind geschlossen.
Perfekt! Genau so sollen sie sein! Comme il faut!
Naja, ganz ehrlich, die „Soße“ könnte noch etwas cremiger sein. Vermutlich doch ein Mangel an Nudelkochwasser.
Sehr schön, ich hoffe, es war nicht ausschließlich Selbst-Beglückung, aber gut, selbst wenn, Du hast darüber berichtet, also durfte man immerhin „Im Jeiste“ dabeisein.
Der „Jeist“ geht schon ein wenig auf die Hüfte. 😉 Aber immer noch besser als die deutsche Variante. Aber es war „nur“ für eine Person: 1 l Wasser, 10 g Salz, 100 g Pasta, 1 Ei, 1 Stück Parmesan. 😉
Nein, nicht möglichst dicht dran, Volltreffer, genau getroffen. Ein Klassiker. Spaghetti, Speck, Parmesan, Ei. Fertig. Mein Rat: Hier kocht der Meister https://www.youtube.com/watch?v=3AAdKl1UYZs. 🙂
Was die Zutaten betrifft, magst du recht haben. Am Ergebnis muss ich noch feilen. Aber fürs erste Mal war es nicht schlecht.
Hey lieber Dirk!
Riesen Respekt für deine originale Umsetzung des Rezeptes und auch Deine Selbstbeherschung! Wirklich genial gemacht und auch toll fotografiert!
Irgendwann schaffe ich das auch mal, denn „echte “ Spaghetti Carborana zu machen war bislang zwar immer eine Ide, aber ich bin noch nie wirklich dazu gekommen. Jetzt habe ich wieder richtig Lust darauf!
Übrigens danke ich Dir auch vielmals dass Du meinen Blog in Deine Blogroll aufgenommen hast!! Bin ja begeistert!
Schreib mir doch mal was, ich würde mich riesig freuen!
Alles Liebe deine Sonja
Hallo Sonja, danke für Deinen Kommentar. Wenn es für ein Gericht schon einen feststehenden Namen und gemeinsam legitimierte Eigesnchaften gibt, dann solte man auch dafür kämpfen, dass der Name dann nicht missbraucht wird. Am schlimmsten finde ich im Moment (und auch schon immer) die Bezeichnung eines Pfannengeschnetzelten, dass nach Gyrosart gewürzt ist, als „Gyros“. „Gyros“ kommt von drehen; also ist die Bezeichnung jeden Gerichtes, dass nicht von Drehspieß kommt, als „Gyros“ reine Blasphemie. 😉
Aber das gehört nicht hier her. Ich gucke mal bei Dir vorbei, vielleicht regt mich ein Artikel zum Kommentieren an.
Ich mische Ei, Pecorino und Pfeffer immer schon davor und gebe dann die geschlagene Eimasse zu den, sehr nass abgetropften, Spaghetti. Dann die Spaghetti möglichst gut umrühren. Dadurch verlieren sie noch etwas an Temperatur und die Gefahr, dass das Ei zu sehr stockt (wie bei deinem letzten Bild zu sehen) wird minimiert.
Ich finde übrigens, dass Schinken nicht geht. Entweder Pancetta oder Guanciale. Alles andere ist zu mager :-).
Klingt nach einem interessanten Plan, so geht man einigen Problemen aus dem Weg. Mir schwebt noch eine Deluxe-Version des Gerichtes vor. Wenn ich mal Zeit und Muße habe …
Es braucht eben doch etwas Fett in der Pfanne, sonst wird das nix. Das ist ja schon bei Spaghetti aglio olio so, wenn es auch dort Olivenöl ist.
Eben und deswegen sind eigentlich alle Rezeptfassungen mit magerem Fleisch zum Scheitern verurteilt. Falls du für die moderne Version des Rezepts noch Inspiration benötigst: http://www.stern.de/genuss/essen/das-besondere-rezept/cornelia-polettos-nudelklassiker-3396706.html 🙂
Da bin ich ja mal sehr froh, dass Frau Poletto nicht eine Form gefunden hat, die meiner Idee ähnelt. Ich habe da schon eine sehr konkrete Vorstellung, hoffentlich baut keiner was vor. 😉
Deluxe Version? Culatello Speck ( also der Schwartenteil mit etwas Fleisch dran des Culatello ) anstelle Pancetta und ganz zum Schluss ein Paar Trüffel darüber wären der Hammer. Und ich persönlich würde noch ein ganz klein wenig dünn geschnittene Chillies hineingeben… aber das wäre ja alles schon wieder eine Verfremdung.
Trotzdem… mir läuft schon das Wasser im Mund zusammen *gg*
Nein, nein. Die Zutaten bleiben die gleichen. Vielleicht war „Deluxe“ der falsche Ausdruck. Es wird also eher eine „Edel“-Variante.
Na da bin ich jetzt aber schwer gespannt!
Und ich erst. 😉 Zutaten sind im Haus, mal sehen, ob ich es am Samstag hin bekomme.