Nun bin ich schon zweiund*hüstel*zig Jahre alt geworden auf dieser Welt, aber manches überrascht mich doch trotzdem noch hin und wieder. Aber das ist schön, vor allem, wenn man damit dann eigene Klischees über Bord werfen kann und zu neuen Horizonten aufbricht … Okay, das war jetzt zu schwülstig. Aber was soll’s?!
Langsam nähere ich mich bspw. Rucola (formely knows as Rauke), dieses urdeutsche Grünzeug, dass uns erst mit dem Umweg über die Appeninenhalbinsel schmackhaft gemacht wurde. Appeninen ist übrigens nicht das lateinische/italienische/griechische Wort für Stiefel, wenn, dann wäre es auch eher das Schienbein. Aber das Gebirge heißt so, dass genauso landschafts- wie namensprägend für die Gegend dort ist.
Ein – zumindest geistiger – Reimport von übern großen Teich ist ja der Kürbis und seine Verbindung zum morbiden Feiertag und der ähnlichen Humorfärbung in der österreichischen Hauptstadt; immerhin wird er zur Zeit des Festes verzehrbar (ich möchte noch das Wort genießbar vermeiden). Vermutlich teile ich mit einer ganzen Reihe von Menschen die Abscheu vor dem Genuss dieses doch meist orangen Ungetüms im Herbst (und auch zu jeder anderen Jahreszeit). Zumal man es offensichtlich erstmal zubereiten muss. Eigene Versuche in der Richtung waren bisher eher mit durchwachsenem Ergebnis geendigt. Aber andere können es ja.
Meine Chefin zum Beispiel. Sie hatte es bereits in der letzten Saison bewiesen und auch in diesem Jahr beglückte sie unlängst alle anwesenden Mitarbeiter/innen mit einem großen Topf Kürbissuppe. Ich kenne zwar das Rezept nicht, aber diese Suppe ist wirklich lecker. Schmucklos, pur. Reduziert auf das Wesentliche, ohne Schnickschnack würde ich sie bezeichnen. Ich hatte wohl mal gesagt: “Das beste an der Suppe ist, dass sie nicht nach Kürbis schmeckt.”, aber das trifft es nicht wirklich. Sie schmeckte einfach nur nach Kürbis. Vielleicht waren ein paar Kartoffeln und Möhren noch mit dabei, alles war püriert, man konnte es nicht erkennen. Und sie war einfach nur gut.
Ähnliches passierte mir heute Mittag. Ich war bei der Bestellung noch ein wenig skeptisch, aber ich hatte lange auch schon keine Entenbrust mehr und so nahm ich das Kürbisgemüse erstmal in kauf. “Auf zweierlei Art” hieß es auf der Karte.
Portweinjus darf nicht unerwähnt bleiben, nicht, dass sich jemand wundert. Der war wohldosiert, vermengte er sich doch u.a. noch mit dem Fleischsaft und konnte mit Tranchen der Entenbrust und den Babykartoffeln fast vollständig zum Zwecke des Genusses aufgenommen werden. Auf der Karte standen zwar gebratene Babykartoffeln und evtl. sind sie in der Pfanne auch erhitzt worden, das blieb aber spurenlos und soll deswegen auch nicht weiter erwähnt werden.
Der Kürbis zeigte sich einerseits in den dekorativen Bögen, die wohl mit ein wenig Biss im Ofen o.ä. gegart wurden. Nicht zu verhehlen war die Anwesenheit von Rosmarin bei der Zubereitung. Der Geschmack war unerwartet, aber passte sehr gut. Das Kürbismus war einfach nur ein Kürbismus, dessen einziges Extra ein paar Kürbiskerne waren. Ansonsten ebenfalls recht schnörkellos und deswegen wirklich gut. Sehr zu empfehlen für alle, die schon weg laufen, wenn ich an süßsaurer eingelegten Kürbis auch nur denke … 😉 Oder diese Kombinationen mit Ingwer und/oder Chili und/oder Kürbiskernöl.
Wirklich wieder schön. Deswegen setzen wir am nächsten Sonntag einen Kontrapunkt und den Sonntag drauf gibts dann wieder neues, ungewöhnliches; wenn die jeweiligen Karten bis zu unseren jeweiligen Besuchen nicht nochmal überarbeitet werden. Ich freue mich schon auf ein Ragout Fin ohne Kalb und Geflügelbrust, das vermutlich etwas kräftiger in Biss und Geschmack sein wird und ein eher rustikales Mittag davor.