KW47 – … und wenn das 5. Lichtlein brennt …

Wer kennt sie nicht, diese kleine Ergänzung des Adventsgedichtes. Und das am 1. Advent anno 2021. Aber das heutige Mittag darf gefeiert werden, die Qualität wog den erhöhten zeitlichen und organisatorischen Aufwand auf jeden Fall auf. Immerhin begann der Sonntag heute eine halbe Stunde früher, sollten doch die sonstigen gewohnten Abläufe nicht sonderlich gestört, sondern höchstens verlagert werden. Immerhin ist der Bewohner eines Oberzentrums (oder auch einer Kreisstadt oder warum auch immer) so priviligiert, sich auch am Sonntag einem beglaubigten Test auf böse Viren zu unterziehen, um ganz 2Gplus-like anschließend in eine gastliche Stätte einziehen zu können. So empfing uns dann nicht nur der Chef des Hauses zum Empfang der Unbedenklichkeitsdokumente, sondern auch diese opulente Tischdekoration mit 5 Kerzen, die dann Auslöser der Überschrift dieser Gedankenablage wurde.
Das allein war schon schön, aber es wurde noch besser. Ich entdeckte da was auf der Karte als Vorspeise, was ich unbedingt mal probieren wollte. Hoffend, dass dann das Hauptgericht etwas kleiner ausfallen kann. Und so stürzte ich mich ins kulinarische Abenteuer.
Ragout fin aus WildherzenSolche Vorspeisen gefallen mir. Man erkennt nocht sofort, was es eigentlich ist. Rückblickend sei gesagt: es war auf jeden Fall lecker. Und ein Ragout fin. Wer damit allerdings die übliche Glas- oder Dosenware verbindet, wird enttäuscht/überrascht. Nunja, wie bei vielen anderen Sachen hat das großtechnisch erzeugte Einerlei nichts mit der Individualität eines guten Restaurantgerichts gemein.
Ragout fin aus WildherzenNachdem ich ein paar Zuckerschoten heruntergenascht hatte, kam das Ragout zum Vorschein, klein geschnittene und gegarte Wildherzen in wenig, aber umso aromatischer Soße mit ein wenig Käse überbacken. Kräftig im Geschmack und einfach nur köstlich. Nur den Tannenzweig vom Adventskranz habe ich mal drauf gelassen. Er behauptete zwar, Rosemarin zu sein, aber am 1. Advent mit den ganzen Kränzen … Wer weiß. 😉 Nicht umsonst wird zu Weihnachten auch immer gern “Es ist ein Ros(marin) entsprungen …” Und aus so einer Tischdeko fällt doch immer mal was raus. 😉
Buttermakrelenfilets, Kürbis-Pilz-Gemüse, Kartoffelgratin, ZitroneDas Hauptgericht kam etwas überraschend über mich. Auf der Karte im Internet hatte ich den Fisch übersehen (wie ich im Nachhinein feststelle), aber es kam auch mit einer anderen Beilage auf den Tisch: Kürbis-Pilz-Pfanne, ebenfalls sehr lecker. Die beiden Stücke Fisch sind übrigens Buttermakrele und das kleine Schälchen links beherbergt ein kleines Kartoffelgratin.
herrliches MakrelenfiletDie Zitrone zum Fisch zu ignorieren, fiel schwer. Aber auch diese Menge ließ sich beiseite schieben, zumal die Soße unterm perfekt gebratenen Fisch ebenfalls noch eine schöne Zitronennote hatte. Und, ganz ehrlich: Es war alles lecker. Wunderbar. Ich war und bin auch immer noch glücklich, das gegessen zu haben. Und, ob ihr es glaubt oder nicht, das mit der “kleineren Portion” hat geklappt. Zumindest stand dieses Essen mit einem kleinen preislichen Abschlag auf der Rechnung. Ehrlich: in “normal” wäre das vermutlich auch ohne Vorspeise doch sehr üppig geworden.
Kerzen am Ende des MahlsMeinem Meer der Begeisterung doch noch etwas Wermut hineinzutröpfeln, müsste ich den gegenüberliegenden Teller in meine Besprechung mit einbeziehen. An sich zwar auch eine sehr schöne Angelegenheit war wohl das Fleisch etwas zu lange Hitze ausgesetzt gewesen und demzufolge ein wenig bissfester … Nix ist eben perfekt. Aber wenn ich mich auf meine Teller konzentriere, war’s perfekt und allem Aufwand wert. Dafür lässt man sich doch gern mal von fremden Leuten in der Nase bohren. Die 5 Kerzen waren dann auch schon etwas herunter gebrannt, als wir uns vom Tisch und vom Lokal verabschiedeten.

KW45 – Überraschung mit verspätetem Halloween

Nun bin ich schon zweiund*hüstel*zig Jahre alt geworden auf dieser Welt, aber manches überrascht mich doch trotzdem noch hin und wieder. Aber das ist schön, vor allem, wenn man damit dann eigene Klischees über Bord werfen kann und zu neuen Horizonten aufbricht … Okay, das war jetzt zu schwülstig. Aber was soll’s?!
Langsam nähere ich mich bspw. Rucola (formely knows as Rauke), dieses urdeutsche Grünzeug, dass uns erst mit dem Umweg über die Appeninenhalbinsel schmackhaft gemacht wurde. Appeninen ist übrigens nicht das lateinische/italienische/griechische Wort für Stiefel, wenn, dann wäre es auch eher das Schienbein. Aber das Gebirge heißt so, dass genauso landschafts- wie namensprägend für die Gegend dort ist.
Ein – zumindest geistiger – Reimport von übern großen Teich ist ja der Kürbis und seine Verbindung zum morbiden Feiertag und der ähnlichen Humorfärbung in der österreichischen Hauptstadt; immerhin wird er zur Zeit des Festes verzehrbar (ich möchte noch das Wort genießbar vermeiden). Vermutlich teile ich mit einer ganzen Reihe von Menschen die Abscheu vor dem Genuss dieses doch meist orangen Ungetüms im Herbst (und auch zu jeder anderen Jahreszeit). Zumal man es offensichtlich erstmal zubereiten muss. Eigene Versuche in der Richtung waren bisher eher mit durchwachsenem Ergebnis geendigt. Aber andere können es ja.
Meine Chefin zum Beispiel. Sie hatte es bereits in der letzten Saison bewiesen und auch in diesem Jahr beglückte sie unlängst alle anwesenden Mitarbeiter/innen mit einem großen Topf Kürbissuppe. Ich kenne zwar das Rezept nicht, aber diese Suppe ist wirklich lecker. Schmucklos, pur. Reduziert auf das Wesentliche, ohne Schnickschnack würde ich sie bezeichnen. Ich hatte wohl mal gesagt: “Das beste an der Suppe ist, dass sie nicht nach Kürbis schmeckt.”, aber das trifft es nicht wirklich. Sie schmeckte einfach nur nach Kürbis. Vielleicht waren ein paar Kartoffeln und Möhren noch mit dabei, alles war püriert, man konnte es nicht erkennen. Und sie war einfach nur gut.
Ähnliches passierte mir heute Mittag. Ich war bei der Bestellung noch ein wenig skeptisch, aber ich hatte lange auch schon keine Entenbrust mehr und so nahm ich das Kürbisgemüse erstmal in kauf. “Auf zweierlei Art” hieß es auf der Karte.
Entenbrust, zweierlei Kürbis, BabykartoffelnPortweinjus darf nicht unerwähnt bleiben, nicht, dass sich jemand wundert. Der war wohldosiert, vermengte er sich doch u.a. noch mit dem Fleischsaft und konnte mit Tranchen der Entenbrust und den Babykartoffeln fast vollständig zum Zwecke des Genusses aufgenommen werden. Auf der Karte standen zwar gebratene Babykartoffeln und evtl. sind sie in der Pfanne auch erhitzt worden, das blieb aber spurenlos und soll deswegen auch nicht weiter erwähnt werden.
Der Kürbis zeigte sich einerseits in den dekorativen Bögen, die wohl mit ein wenig Biss im Ofen o.ä. gegart wurden. Nicht zu verhehlen war die Anwesenheit von Rosmarin bei der Zubereitung. Der Geschmack war unerwartet, aber passte sehr gut. Das Kürbismus war einfach nur ein Kürbismus, dessen einziges Extra ein paar Kürbiskerne waren. Ansonsten ebenfalls recht schnörkellos und deswegen wirklich gut. Sehr zu empfehlen für alle, die schon weg laufen, wenn ich an süßsaurer eingelegten Kürbis auch nur denke … 😉 Oder diese Kombinationen mit Ingwer und/oder Chili und/oder Kürbiskernöl.
Wirklich wieder schön. Deswegen setzen wir am nächsten Sonntag einen Kontrapunkt und den Sonntag drauf gibts dann wieder neues, ungewöhnliches; wenn die jeweiligen Karten bis zu unseren jeweiligen Besuchen nicht nochmal überarbeitet werden. Ich freue mich schon auf ein Ragout Fin ohne Kalb und Geflügelbrust, das vermutlich etwas kräftiger in Biss und Geschmack sein wird und ein eher rustikales Mittag davor.

Tag 15 und 16 (04./05.11.2019)

Die Arbeit hat mich wieder. Tagesabläufe bekommen eine von außen aufgezwängte Struktur 😉 Wie kollidiert das mit der zeitlichen Struktur, die meiner neuen Ernährungsdoktrin zugrunde liegt? Ein wenig.
Am Montag kam einiges durcheinander: frühes Aufstehen dank präarbeitszeitlichem Termin, wichtiger Termin gleich in der Arbeitszeit zur klassischen Mittagsszeit und ein wenig Nacharbeiten dessen, was während des Urlaubs aufgelaufen war. Aber so kam ich dann gg. 7 Uhr zu einem Frühstück (Quark mit Mangowürfeln und Haferflocken), etwas früh gg. 13 Uhr zu einem Mittag (Chinesiches Restaurant mit Büfett, alles mit Gemüse landete auf meinem Teller, inklusive eines kleinen Berges Sprossen, aber nur eine Kleinigkeit Reis zum Soßenresteaufnehmen und wenig paniertes) und dann gg. 20 Uhr Vollkornknäcke mit Kassler- und Räucherlingaufschnitt, nachfolgend ein Apfel.
Der Dienstag ist dann eher ein zukünftig normaler Tag. Gegen 9:30 Uhr gabs Joghurt mit Mangowürfeln und Haferflocken, um 15:30 Uhr eine leckere Kürbissuppe (die hauptsächlich deswegen lecker war, weil nicht nicht vordergründig wie eine Kürbissuppe geschmeckt hat) und um 21:00 Uhr eine Portion meines Kartoffel-Gemüse-Salates mit erwärmten Rindswienern. Auch hier der nachfolgende Apfel.
Für den morgigen Tag sehe ich einen ähnlichen Ablauf voraus, wobei ich noch nicht absehen kann, welches Mittagsgericht es gibt. Vielleicht die 3. und letzte Portion Kartoffelsalat oder die mediterrane Gemüsepfanne, die ich auch noch vorrätig habe. Oder ich fordere das erste mal das Einkaufszentrum heraus …

Alles ist irgendwann mal das erste Mal

Manchmal muss man auch mal ausgetretene Wege verlassen und sich umsehen. Und wer gern mal kocht, kann sich zur Anregung auch mal fortbilden, zum Beispiel in einer Kochschule. Neulich durfte ich an einer Schnupperstunde (naja, mit Essen und allen Vorführungen waren es doch 4 oder 5 Stunden) teilnehmen, wobei klar wurde, dass ein richtiger Kurs, der auch etwas bringen soll, sicher länger dauert.
Der Koch eines Rostocker Restaurants gab sich in der Showküche eines benachbarten Küchenstudios die Ehre und gab eine Probe unter dem Motto: “20 Leute mit wenig Stress verköstigen” ab. So, wie er es vorführte, war es für beinahe jeden auch in normalen Küchen nachvollziehbar, wenn denn genug Geschirr und Sitzgelegenheiten zur Verfügung stehen. Als Vorspeise gab es einen kleinen gemischten Salat mit einem sehr leckeren Dressing auf Himbeeressigbasis, wobei die Betonung auf Himbeer und nicht auf Essig lag. Dazu zwei leckerste Shrimps und eine Jakobsmuschel.

Kleines Manko, dass sich durch den gesamten Abend zog: Der Koch versuchte offensichtlich, die Arbeiten möglichst einfach aussehen zu lassen. So kochte er mit sehr viel Laissez-faire. Etwas mehr Aufmerksamkeit, die er im Restaurant sicherlich/hoffentlich dem Essen zuwendet, hätte an einigen Stellen gut getan. So war das Mehl, dass die Jakobsmuschel zart ummanteln sollte, doch etwas großzügig klumpig. Das tat dem Genuss des eigentlichen Meeresgetiers aber keinen Abbruch – außen röstig knusprig, innen cremig schmelzend.
Das Hauptgericht bildete Entenbrust an Kürbisgemüse. Alternativ wurde Kalbsrücken angeboten. Verbunden mit vielen Tipps rundum den Fleischkauf und der Vorbereitung, allerdings ohne naheliegende Bezugsmöglichkeiten für dry-aged-Rindfleisch, gab es einiges zu lernen. Der Vorteil von gut abgehangendem Beef liegt auf der Zunge. Ich “kenne” zwar einen Fleischer, der sowas anbietet, aber der hat sein Geschäft leider außerhalb meines Einkaufsbereichs.  Und dem Versand von Frischfleisch per Paketservice stehe ich noch kritisch gegenüber.
Zurück zum Hauptgericht. Was die Zubereitung von Fleisch betrifft, gibt es viele Zubereitungsphilosophien. Letztendlich führen viele Wege nach Rom, wie der Kollege Volksmund so schön sagt. Die Entenbrust und der Kalbsrücken wurden in der Pfanne schnell und heiß angebraten, dabei gewürzt und dann bei ca. 120°C Umluft im Backofen versenkt. Kerntemperaturthermometerüberwacht wurde es dort so lange gelagert, bis das Messgerät 56°C anzeigte. Auf diese Temperatur (wohl dem, der einen Ofen hat, mit dem das geht) wurde dann auch zurück geregelt und das Fleisch weiter im Ofen gelagert. Das ginge zur Not stundenlang, war eine entsprechende Auskunft.
Aus den Fleischabschnitten, Rotwein, Gewürzen, Crema Di Balsamico, Fond und anderen Zutaten wurde eine wohlschmeckende Soße bereitet, wobei das schiere Fleisch aus dem Abschnitten zusammen mit etwas von dieser Soße sehr gut als Ragout oder Gulasch durchgehen könnten. Der Kürbis wurde gewürfelt, in der Pfanne angeschwitzt, gewürzt und war anschließend weit entfernt vom gehassten süß-sauren Exemplar aus meiner Jugend.

Pro Teller wurde ein dreiviertel Löffel Soße verteilt. Und das in Mecklenburg! Da fehlt doch noch was!

So muss ein Teller aussehen, dass es schmeckt. Etwas mehr Soße und … nein, keine Kartoffeln! Die beiden Nockerln bestehen aus Polenta, gekocht mit einer Milch-Brühe-Mischung, vollendet mit Butter und Parmesan. Mmmmh.
Die Ente (auf dem Teller zu sehen) und der Kalbsrücken waren wunderbar rosa gebraten und saftig. Irgendwie waren das aber auch die beiden einzigen nennenswerten Eigenschaften des Fleisches. Etwas mehr Liebe und etwas weniger Show hätten hier sicher gut getan. Aber die Grundidee war wirklich gut. Vielleicht sollten ich wirklich mal ernsthaft an so einem Kochschulkurs teilnehmen, spätestens neue Ideen und vielleicht noch etwas mehr handwerkliches Geschick könnten schon gut tun.