Über den Wolken …

Schöne, amüsante, niedliche Erlebnisse hat man auch gern mal, wenn man sich in die Gefilde der Gastronomie begibt, und das meine ich durchaus positiv. Ein Kleinod dieser löste unlängst Vatterns Digestif-Bestellung aus und beschäftigte kurzfristig den gesamten Service eines Hotelrestaurants. Das klingt jetzt zwar etwas größer, als es war, aber das war beabsichtigt.

Immerhin kannte die bestellungsannehmende Kollegin offensichtlich den Begriff, und zog dann von dannen. Die dezente Aufregung unter dem Dreierserviceteam zeigte dann aber auch, dass keine so ganz genau wusste, was das Bestellte aber wirklich war und woraus es bestand. Ob zwischendurch noch in der Küche nach- oder Google bzw. ein Fachbuch befragt wurde, kann ich nicht einschätzen, immerhin verschwand eine Servicekraft im Hintergrund und kam sichtbar detailschlauer wieder zurück. Schön war auch die temporäre Ansammlung vor dem Schnapsbereich der zum Haus gehörenden Bar, wo abgewägt wurde, welcher Brand wohl zu verwenden wäre. Immerhin wurde der leise hörbare Einwurf “Nimm doch irgendeinen” von den anderen beiden abgeschmettert. Welche Spirituose letztendlich genutzt wurde, kann ich nicht einschätzen, aber das Getränk kam optisch formvollendet auf den Tisch und nach einer angemessenen Zeit war das Glas auch leer, muss also geschmeckt haben.

Stellt sich eigentlich nur noch die Frage, um welches Getränk es eigentlich ging. Die Schnapsdrosseldefinition lautet übrigens: Rum muss, Zucker kann, Wasser so wenig wie möglich. Es war ein Grog. Das Wetter war an dem Tag wirklich etwas uselig, dass so ein Heißgetränk wirklich nicht nur den Körper sondern auch die Seele wärmt. Unter den jungen Leuten ist das Getränk aber offenbar nicht mehr so bekannt, obwohl eigentlich nur eine den Eindruck hinterließ, Azubiene zu sein. Die anderen beiden waren scheinbar schon ein paar Jährchen im Beruf, aber noch nicht so viele …

Skyr

Über Skyr kann man geteilter Meinung sein. Ich hatte da schon Diskussionen, ob das wirklich ein eigenständiges Produkt ist oder doch nur ein Quark, der durch die Marketingabteilung gegangen ist. So ein bisschen modisch scheint dieses Sauermilchprodukt nordischer Prägung vor einiger Zeit gewesen zu sein, der Hype ist aber wohl vorbei. Dafür ist gerade “high protein” uptodate. Ein Trend, bei dem man eigentlich antworten möchte: Esst anständige Mischkost (alles durcheinander) und dann braucht ihr kein extra Protein. Unlängst hatte ich mal einen High-Protein-Skyr in der Hand, ein paar Früchte waren wohl auch drin, dafür kein Zucker. Ich kaufe ja bei den Informationen eher nach Fruchteinlage und nicht nach “high protein”, aber das Produkt habe ich dann doch ins Kühlregal zurückgestellt.

Zur gleichen Zeit hatte ich noch einen normalen Skyr mit Fruchtzubereitung im Hause. Der hatte eine übersichtliche Zutatenliste und war letztendlich wertvoller für die Ernährung als dieses high-protein-Dingens. Die Zutatenliste war mindestens doppelt, wenn nicht dreimal so lang und bot einige Gründe, das Produkt eben nicht zu kaufen. Nicht zuletzt die Verwendung von Süßstoffen, um mangelnde Fruchtigkeit zu verbergen und den Skyr quasi zu verderben, ließen mich Abstand nehmen. Ich unterstelle mal, dass dadurch der gleiche penetrante Süßeindruck erzeugt wird wie bei den mit Zucker gesüßten Produkten. Meist sind die gesüßstofften Produkte sogar noch süßer und sind einfach nur bäh. Die Angabe “ohne zugesetzten Zucker” auf der Schauseite hatten mich noch hoffen lassen, ein nicht übersüßtes Produkt kaufen zu können, das Aspartam in der Zutatenliste zerstörte die Hoffnung grundlegend. Da kaufe ich dann doch lieber Natur-Skyr und mische ihn mit einer handvoll Tk-Früchte. Ist viel besser.

Sonntagsessen

Das lief diesmal unter dem Motto “Immer wieder mal was Neues”. Auf meinem Radar hatte ich das Restaurant schon länger. Eine Brunchveranstaltung im eigentlich angedachten Essensziel brachte die Alternative ins Blickfeld. Vattern mag Brunch nicht so gern, weswegen wir auch zwei Restaurants in der Stadt bisher nicht besucht haben, zumindest zu einem möchte ich aber schon gern mal hin.

Rumpsteak Strindberg, Rosmarienkartoffeln, ZuckererbstenBevor das große Rätselraten los geht: das ist kein dekonstruiertes Bauernfrühstück mit Erbsen als Beilage, auch wenn es ein wenig danach aussieht. Die Rosmarinkartoffeln waren schon “nur” die Sättigungsbeilage zu eines gaaanz anderem.

Rumpsteak Strindberg, Rosmarienkartoffeln, ZuckererbstenWas da so eierisch und zitronenscheibenmeerrettichbethront auf dem Teller liegt, ist ein selten gewordenes Steak Strindberg, hier in der Rumpsteak-Version. Das Fleisch wird normal gebraten/gegrillt bis kurz vor den Garpunkt, den der Kunde sich wünscht. Nebenbei wird ein Omelette bereitet und alles dann in Anwesenheit von Zwiebel und Senf zur sichtbaren Tellerauflage vereinigt. Ich wollte es medium. Es war medium. Auch nicht selbstverständlich.

Rumpsteak Strindberg mediumDa stört es auch nicht, dass von allen Steaks, die es so gibt, das Rumpsteak – übrigens ähnlich wie das Filetsteak – nicht zu meinen Lieblingssteaks gehört. Aber meine (nichtrepräsentative) Blitzumfrage via Internetsuchmaschine (nicht Google) ergab, dass das Strindberg in den meisten Fällen mit Rumpsteak gemacht wird. Zart und saftig war es, die Zwiebeln und der Senf taten ihr übriges zur Aromatik. Handwerklich gut erstellt, zumal man sowas nicht gut vorbereiten kann. Das muss frisch zubereitet werden. Der Rest auf dem Teller wirkte aber genauso, also alles gut bis sehr gut. Fast zuviel des guten. Das Restaurant kommt auf die Liste “da gehts mal wieder irgendwann hin”, allerdings nur, wenn etwas Zeit ist und keine Aufgaben hinterher noch erledigt werden müssen. Im Vergleich auch zu anderen, guten Restaurants war die Wartezeit aufs Essen doch eher an der oberen Grenze des bisher so erlebten. Ich schiebs mal auf den geringen Convenience-Anteil, also ein Positivkriterium.

4x Sonntag – Ein Resümee

Viele Monate war die Speisengastronomie geschlossen und wir wissen, warum. Einige Gastronom/inn/en versuchten sich mittels Lieferdienst, wenigstens ein wenig Umsatz zu generieren, andere nutzten die Zeit für Renovierungen, Erneuerungen oder innere Kontemplation. Aber jetzt sind sie wieder da und bieten Speis’ und Trank den ausgehungerten Gästen an. Der eine oder die andere scheinen aber auch ein wenig aus der Übung gekommen zu sein, teils auf hohem Niveau, teils nicht.
Maränenfilet, knusprig, an Schwenkkartoffeln und grünem SpargelDieses sonnenbeschienende Mittag gehörte mit zu den auf höherem kulinarischen Niveau. Kross gebratenes Maränenfilet auf grünem Spargel. Lecker, auch wenn es nicht kross war. WO KOMMT EIGENTLICH DIE UNSITTE MIT DER ZITRONENSPALTE HER??? Warum sollte ich ein wunderbar gewürztes Fischfilet mit Zitronensaft aromatisch versauen? Warum sollte ich evtl. krosse, leckere Fischhaut mit dem sauren Saft aufweichen? Es spricht eigentlich alles gegen die Zitronenspalte zum Fisch. War es nicht mal so, dass die Zitrone beim noch rohen Fisch, der vielleicht schon etwas drüber war, wieder Konsistenz ins Fischfleisch gebracht hat? Aber lassen wir das. ich habe jedenfalls die Zitrone ins Wasserglas ausgepresst.
Trotzdem bleibt die Frage: Auf der Karte stand “kross gebraten” (war es nicht). Und dann wird die feuchte Zitrone oben drauf gelegt und beide Filets auch noch gestapelt. Also, da muss noch mal der Tellerinhaltsarchitekt ran. Weil – wie gesagt: Lecker war’s.
Zanderfilet, KartoffelstampfUnd gleich noch ein Fisch. Wieder die Unsitte mit der Zitrone, aber das Stück Tiefkühlkräuterbutter macht es auch nicht besser. WAS SOLL DAS? Dabei bleibt doch nichts schön knusprig? Denken die Geschirrarrangeure auch mal nach? Beim Erwärmen des Tiefkühlgemüses, dass auch immer irgendwie gleich schmeckt, egal, was dort vereinigt wurde, hat man doch Zeit zum Denken. Die Stampfkartoffeln waren übrigens gut, der Fisch schmeckte gut, auch wenn er im wesentlichen nicht knusprig war. Und nein, die Butter habe ich nicht im Wasser verwertet, die ging in dem Fall zur Hälfte wieder zurück (die immer noch tiefgefrorene Hälfte).
Schnitzel, Pommes, GemüseDieser Teller im Format einer Tortenplatte hat als höchsten Punkt auch ein Kräuterbutterganzgefrorenes, dass formlich bis zum Ende der Nahrungsaufnahme nicht wirklich angetaut war. Hier gibt es zwar keine Zitronenspalte, aber: WARUM GIBT SICH DER KOCH/DIE KÖCHIN ERST SO VIEL MÜHE, DAS SCHNITZEL ZU PANIEREN UND DANN KNUSPRIG ZU BRATEN, UM DANN ALLES WIEDER MIT KRÄUTERBUTTER AUFZUWEICHEN??? Zumal das Schnitzel eigentlich nicht schlecht war. Kein geformtes Pressfleischschnitzel, sondern wirklich eine Scheibe Fleisch, ein milli-μ zu lange in der Pfanne (etwas trocken, aber akzeptabel). Immerhin war die Gemüsemischung nicht die gleiche wie auf dem vorherigen Bild; die gelben Möhren fehlten … Aber es gibt ja mehrere Hersteller von Tiefkühlgemüsemischungen. Bleibt nur eine Frage: Warum wollen uns Gaststätten eigentlich immer mästen? Die Portionsgröße läuft unter Anschlag auf die Gesundheit. Da braucht man sich nicht zu wundern, dass a) Ernährungsberatende vor zu häufigen Restaurantbesuchen warnen und b) die Dessert-Kultur völlig unterentwickelt ist.
Speisekarte (Auszug)Bei diesem Bild möchte ich die Aufmerksamkeit auf die erste Zeile lenken: Pommernrind, Tagliatelle, Gurkenfächer …
Vermutlich habt ihr jetzt eine gewisse Erwartungshaltung …
Gulasch mit SpaghettiKann mir mal bitte jemand die Grundidee des Fooddesigners erklären? Als Besteck gab es dazu übrigens Messer und Gabel. Und nun ihr! Die Tagliatelle, die sich als Spaghetti verkleidet hatten (Oder hatte sie das Küchenpersonal der Länge nach in dünne Streifen geschnitten?), waren übrigens gut gekocht, genau die richtige Al-dente-igkeit. Und das Gulasch war recht geschmackvoll. Dann hört das positive aber schon auf. Während Teile der Spaghetti während des Essens langsam vor sich hintrockneten, war das ein Zustand, den das Fleisch schon längst erreicht hatte. Sowas trockenes habe ich lange nicht gegessen. Das Pommernrind scheint zu den Dörrfleischrassen zu gehören. Nun habe ich ja auch schon das eine oder andere Gulasch zubereitet und es gibt sogar das Grundrezept des “Saftgulaschs”, aber das, was dort auf dem Teller rumlag, war das Gegenteil davon. Die Fleischstücke hätte man beinahe mit einer Parmesanreibe bearbeiten können. Für mich bleibt nur die Erkenntnis, dass einige Küchen in der Region wohl mittlerweile als überbewertet zu bezeichnen wären. Dafür kann das Servicepersonal leider nichts, das übrigens sehr nett war, den Eindruck einer leichten Überforderung aber nicht ganz verbergen konnte.
Resümee (wohlwollend): Die lange Lockdownzeit hat leider ein paar Spuren hinterlassen. Das renkt sich (hoffentlich) wieder ein. Aber manchmal sollten zubereitete Speisen, bevor sie die Küche verlassen, auch mal probiert werden. Oder zumindest angesehen. Und etwas Geist beim Kochen oder Entwickeln von Gerichten wäre auch schön. Aber das wird schon wieder. Hoffentlich.
P.S.: Und Pfannengemüse kann ruhig ein paar Bratspuren enthalten.