Fragmentierte hollandaiser Soße, oder: Man soll Fotos nicht mal schnell nebenbei machen

Eigentlich haben die beiden Aspekte in der Überschrift nichts miteinander zu tun, kommen aber letztendlich doch zusammen. Aber der Reihe nach: Ich habe mal wieder in „meiner“ Zweitküche etwas experimentell gekocht und bin gedanklich irgendwo bei Sauce Hollandaise gestartet. Immerhin ist Spargelzeit und die ist noch so jung, dass man das noch essen mag.
Da mir die Majonäsen aus dem Tetrapak, die unter dem gleichen Soßennamen verkauft werden, nicht so zusagen, ich aber auch nicht selber rühren wollte, habe ich mir zu einer Spargelbegleitung entschlossen, die aus (fast) den gleichen Zutaten besteht und ebenso lecker schmeckt. Außerdem ist – trotz begleitender Stampfkartoffeln – weniger Butter dran als an der Soße.
Sauce Hollandaise ist bekannterweise eine Emulgation aus Eigelb und Butter, die noch eine würzende Reduktion enthält. Die quaderformige „Hollandaise“ besteht meist aus eher billigerem Pflanzenöl und wurde von mir im vorherigen Absatz demzufolge zu recht als Majonäse bezeichnet (einer Emulgation von Eigelb und Öl).
Für das Gericht wurde eigentlich nichts besonderes gemacht: Kartoffeln wurden in Salzwasser gegart, später mit Butter, Milch, Muskatnuss, Salz abgeschmeckt und zwischendurch gestampft. Für die Schweinemedaillons wurde ein Filetkopf in dicke Scheiben geschnitten, die wurden flach gedrückt, gesalzen und gepfeffert und in Butter sanft gebraten. Der Spargel wurde in gesalzenem, gezuckertem und gebuttertem Wasser gekocht. Für die braune Butter kam etwas Butter in den Topf, in der Semmelbrösel solange erhitzt wurden, bis sie eine angenehme braune Farbe hatten. Und das (leicht verunglückt aussehende) pouchierte Ei (ganz klassisch in heißem Wasser mit je einer Spur Essig und Salz bereitet) gibt dann beim Anstechen zusammen mit der braunen Butter die leckere Mischung für den Spargel.
Das schmeckt natürlich nicht wie eine echte Hollandaise, ist aber auch lecker. Und eine Idee, mal keine (Industrie-)Hollandaise zu nehmen. Und ich muss mir angewöhnen, auch in der Küche nicht einfach von links nach schräg zu fotografieren. 😉

Anspruch und Wirklichkeit

Eigentlich wollten wir uns ja mehr auf die Stadt und das nähere Umfeld Neubrandenburgs konzentrieren, wenn wir über kulinarische Erlebnisse berichten, aber äußere Umstände trieben uns doch wieder über Land und durch unsere schöne mecklenburgische und vorpommersche Landschaft. Es ging nordwärts mit einem leichten Schwenker in östlicher Richtung.
Es gibt schon schöne Hotels und Restaurants in der Gegend, und wenn dann auch noch was frisches draus gemacht wird, dazu ein touristisches Konzept, eine besondere Küche, dann werden auch aus alten Gutshäusern schöne kulinarische Einrichtungen, in die man gern einkehrt, vielleicht auch nicht nur einmal. Sicher gibt es auf diesem Gebiet schon eine Reihe etablierter Häuser, aber man findet immer wieder auch was neues. Unsere aktuelle Entdeckung war aber wohl noch zu neu. Was zu dieser Äußerung führte, steht ursächlich nicht genau fest. Vielleicht war es der ungewohnte Zeitpunkt oder die Vorsaison oder der Wochentag, aber wer täglich von Mittag bis Abend durchgehend mit warmer Küche offen hat, muss auch mit Gästen rechnen.
Der Service war mecklenburgisch angenehm (Ja, ich weiß, dass wir in Vorpommern waren.), soll heißen: aufmerksam, aber zurückhaltend unaufdringlich. Es gab sogar zwei Speisekarten, die beide (Standardkarte und Tageskarte) das eine oder andere lukullische versprachen. Vorspeisen, Salate, Fleisch- und Fischgerichte und sogar eine Dessertauswahl waren vorhanden, dazu allerlei zum Trinken. Das Preisniveau war etwas erhöht, aber wenn die Qualität stimmt, sei es eben so.
Schon mal einen guten Schuss Johannisbeersaft mit Tonic aufgegossen? Das ist richtig lecker. Jetzt gilt es nur noch, das richtige Mischungsverhältnis raus zu bekommen … Aber auch sonst wurden die kleinen Sonderwünsche vom Service schnell erfüllt, und so kam auch eine gut gekühlte Saftschorle auf den Tisch, die so nicht auf der Karte stand. Und um es vorweg zu nehmen: Leer gewordene Gläser wurden vorbildlich bemerkt und auf Wunsch durch volle ersetzt.
Soljanka stand nicht auf der Karte, so konnte aus den anderen Vorspeisen ungezwungen gewählt werden. Die der Tageskarte entnommene Spargelcremesuppe mit Bärlauchschaum hatte vielleicht etwas viel vom aromatischen Schaum, war aber durchaus essbar, auch wenn hier noch versucht wurde, dass die Quantität in Qualität umschlägt. Die andere Vorspeise – ein aromatisches weißes Mousse mit konfierten Kirschtomaten (interessante Aromatik), Ruccola und Parmesan – ließ eher etwas von dem erwarteten Niveau erahnen. Allein: Die beim Namen „Tomatenmousse“ zu erwartende Geschmacksrichtung stellte sich nicht ein. Man könnte hier das Klischee der wohl verwendeten holländischen Tomate bemühen, die sind aber mittlerweile auch entschieden besser als ihr Ruf.
Allzuhäufig habe ich Tunfisch als Steak gebraten noch nicht auf Speisekarten entdeckt, und weil mich das drumrum auch interessierte, gab es dijonsenfgratinierten Fisch an Spargel/Hollandaise und Polenta. Gegenüber landet nach langem Sprung das Ragout vom australischen Beuteltier (Sorry, Marc-Uwe) mit „Neuen Kartoffeln“ und ebenfalls mit Spargel/Hollandaise auf dem Teller. Ein paar essbare Blüten vervollständigten das Tellerbild, dass dann noch von einem kleinen Salatbouquet umkreist wurde. Das Dressing war nicht schlecht.
Wie mögt ihr weißen Spargel? Da gibt es ja mindestens zwei Philosophien, wenn man mal nur die gekochte Version als Basis nimmt. Die klassische geht wohl davon aus, dass Spargel weich gekocht werden müsse, die „modernere“ nimmt sich hier andere Gemüse zum Vorbild, die vitaminschonend auch gern mal al dente angeboten werden. Es ist vermutlich Geschmackssache, was man hier bevorzugt, der knackige Spargel kam aber doch etwas überraschend, so dass mir die Herkunft der Hollandaise aus der RGW-Verbundleitung erst gar nicht auffiel.
Der Tunfisch war gut zubereitet, leider merkte man vom Dijonsenf aus der Kruste recht wenig. Aber das glich sich beim Känguru-Ragout wieder etwas aus. Das Fleisch war im guten Zustand, nur war hier die Soße etwas überwürzt. Überrascht hat dann auch die Polenta. Wir sind ja nur kulinarische Laien, aber wenn man es nicht besser gewusst hätte, hätte man die Polenta doch glatt für „Neue Kartoffeln“ halten können. Aber mittels der Molekularküche ist sicher einiges möglich.
Natürlich habe ich nichts dagegen, wenn bei einem aus mehreren Einzelteilen zusammengesetzten Gericht ein Teil durch einen anderen ausgetauscht wird. Aber einerseits sollte sowas bei einer Tageskarte eigentlich nicht nötig sein, die kann man auf vorhandene Zutaten abstimmen, und andererseits hätte eine Information durch den Service bei der Bestellung oder kurz danach spätere Irritationen durchaus verhindern können. Aber ein Gericht dem Gast zu präsentieren, wie es nicht auf der Karte steht, das geht nicht.
Basilikum-Minz-Sorbet, Ananasragout und eine Crème brûlée krönten das Menü. Sie sollten es jedenfalls. Aber auch hier schlug die Quantität nicht in Qualität um. Zum einen waren alle drei zusammen ein Dessert, zum anderen ging das Sorbet unter der gehackten Minze unter; dafür kam man durch die dicke Karamellschicht nicht so einfach an die Unmengen Vanillecreme unten drunter. Und (Vorsicht! Wortspielalarm!) die Ananas war halb verzehrt. Nun hat da keiner aus der Küche zugeschlagen. Aber wenn man vom englischen Begriff Pineapple das pine als Verb, also „to pine – sich verzehren“ nimmt, war schon was verzehrt, präsentierte sich in dem Gläschen eher ein Apfelkompott als die versprochene Ananas.
Dass der Espresso-Test in die Hose ging, sei hier nur noch am Rande erwähnt. Als Getränk waren er und der Cappuccino automatenbedingt standardisiert gut, kamen aber zwar in Tassen, aber sonst nackig auf den Tisch. So endete dieser kulinarische Ausflug ins „Hotel & Restaurant Am Peenetal“ in Liepen an der B 110 zwischen Jarmen und Anklam doch mit einer Enttäuschung. Aber irgendwie blieb auch der Eindruck, dass hier noch etwas im Aufbau ist, so dass sicher in einiger Zeit ein weiterer Besuch angeraten ist. Die Ansätze und das Ambiente sind vielversprechend, da kann noch was draus werden.
P.S.: Bitte nicht auf die Webseite gehen. Oder nur, wenn die Lautsprecher vorher ausgeschaltet sind!

Verirrt zwischen den Spargelfeldern

Wer kennt das kleine Örtchen nicht, zumindest vom Namen her: Beelitz. BeelitzDie gefühlte Hauptstadt des brandenburgischen, wenn nicht des gesamten ostdeutschen Spargelanbaus liegt unweit Potsdams am Kreuzungspunkt der B2 und der B 246, die Autobahnen 9 und 10 sind auch nicht weit weg. Dem Kulinariker ist der Ort hauptsächlich wegen des edlen Gemüses bekannt, aber unter dessen Strahlkraft beherbergt es auch die deutsche Dependance eines niederländischen Eindosers ehemals gesunder und leckerer Grundzutaten.
Die Hauptstadt ist nicht weit, und so ist es kein wunder, dass man auf die Idee kam, zwei der wichtigsten berlintypischen Erzeugnisse zu einem zu verbinden: enerseits das Blech, was die Bundes- und Landespolitiker dort reden und zum anderen die Currywurst. Curry-Bockwurst in der DoseUnter einer Marke, die bisher eher für Dosensuppen und Fertiggerichte (vor einigen kann man kulinarisch nur warnen, der verwendete Kartoffelpamps ist eklig) bekannt ist, hat jetzt „Curry-Bockwurst mit Currysoße“ in zwei Varianten eingedost: klassisch und scharf.
Der kundige Esser fragt gleich zurück: Curry-Bockwurst? Ja, Curry-Bockwurst! Steht so auf der Dose. Der Wikipedia-Artikel klärt uns auch darüber auf, dass nicht nur Bratwürste sondern auch Brühwürste Basis für das Gericht sein können. Die Bockwurst gehört dazu. Aber Wikipedia schreibt auch, dass die Wurst gebraten oder frittiert werden soll, was mit Bock- wie auch anderen gepökelten (rötlichen) Würsten eher suboptimal ist, können doch dabei krebserregende Nitrosamine entstehen. Deswegen soll man ja auch Wiener, Bochwurst & Co. auch nicht grillen.
In den Dosen hat natürlich die Soße die absolute Oberhand (das Produkt kommt schließlich von einem Suppenhersteller). 37% des Inhaltes sind die Bockwurst. Bei den restlichen Zutaten (Tomatenmark, Wasser, Zucker, modifizierte Maisstärke, Branntweinessig, Apfelsaftkonzentrat, Speisesalz, Gewürze, Guarkenmehl, Bockshornklee und Paprikaextrakt). Der Sammelbegriff „Gewürze“ und die Stärke wären genauer zu hinterfragen, was sich dahinter verbirgt. Aber irgendwo sollte sich ja auch das Curry verbergen. 😉
Auf der Webseite zum Gericht wird die Lager- (April 2016) und Outdoorfähigkeit gelobt, dazu fehlt mir bei den Zubereitungsformen irgendwie das In-der-Dose-Erhitzen. Wer hat schon immer eine Mikrowelle und passendes Geschirr beim Camping dabei? Einen Kochtopf nehmen und rührendes Erhitzen geht aber auch. Ideal dafür auch wieder ein schon erwähnter Berliner Politiker – rumeiern und heiße Luft produzieren. In der Versuchsküche habe ich mal – der Übersichtlichkeit wegen – eine Pfanne zum sanften Erwärmen genutzt, auch, weil sie schon ungenutzt rum stand.
Erhitzen
Zum Geschmackserlebnis. Fangen wir mit der positiven Erkenntnis an. Der Klassik-Version – nur die habe ich erstmal getestet – ist eine tomatig-würzige Grundnote nicht abzusprechen, auch eine leichte, Curry angelehnte Schärfe ist angenehm spürbar. Punkt. Ansonsten ist die Soße – sicher auch der industriellen Herstellung geschuldet – ein charakter- und substanzloses etwas, das allerdings gut an den Bockwurstscheiben haftet. Was sie aber auch muss, denn ohne die Soße schmecken diese quasi nach nichts, auch das Mundgefühl einer Bockwurst will sich partout nicht einstellen, einzig der Hauch einer Zähigkeit bei der Pelle erinnert entfernt an die Knackigkeit des Vorbildes. Schade um jedes Tier, dass dafür sterben musste.
Bockwurstscheibe in Currysoße
Ein Endstück auf die ganzen Scheiben? Sooooo lange Bockwurst
Nicht ganz ohne Eigennutz möchte ich an dieser Stelle auf den Currywurstburger verweisen, dessen Rezept und Zubereitung, gerade auch von der Soße, aber auch von der Wurst, sicher auch Basis für eine entsprechende Konserve sein könnte. Das Grundproblem würde aber auch damit nicht gelöst: Durch die Dosenlagerung vermischen sich alle substanzgebenden Aromen im Laufe der Zeit miteinander, die Wurst laugt aus, so dass spätestens am Ende der Lagerfrist auch nur ein Einheitsbrei unter dem Blechdeckel zum Vorschein kommt.