Zweimal Sachen in Ungewohnt

Unterwegs sein, mobil sein, das sind so Eigenschaften, die dem Menschen innewohnen. Das muss ja nicht unbedingt immer nur geografisch gemeint sein, aber als – von Natur aus – ausdauernder Läufer (bei ein wenig Übung und Gewohnheit) gehört das einfach beim Menschen mit dazu. Außerdem ist der menschliche Kopf recht rund, damit die Gedanken auch mal die Richtung wechseln können. Umdenken heißt ja, Vorurteile umzusortieren. Genug Klischees.

Die Idee war, dass ich mal wieder eine schöne Suppe kochen wollte. Mir schwebte irgendwas auf Basis von Beinscheibe vor, aber beim dazugehörigen Einkauf verweigerte mir der Einzelhandel diesen Wunsch. Langsam komme ich zu dem Schluss, dass sich vieles in Richtung DDR zurückentwickelt. Manche Sachen muss man wohl einkaufen, wenn es sie gibt, und nicht dann, wenn man sie braucht. Wie früher …
Im dritten besuchten Laden fand ich dann endlich etwas, was eine gute Basis für eine gute Brühe zu werden verspricht. Das Rindersuppenfleisch sah wirklich sehr gut aus. Wobei ich bei dem Fleisch immer etwas grinsen muss. Als regelmäßiger Zuschauer von amerikanischen Koch- und Grill- … ähm … hüstel … BBQ-Sendungen weiß ich natürlich, dass das edle Brisket, was dort stundenlang im Smoker liegt, eigentlich das gleiche Fleisch ist, wie das, was hierzulande als “Suppenfleisch” verkauft wird. Rinderbrust eben. Suppengrün hatte ich schon, Zwiebeln waren noch zu Hause, ein paar Gewürze auch.

Nach dem ausgiebigen Samstagsfrühstück fing ich dann an zu schnibbeln. Erstmal die Sellerie putzen und würfeln, das gleiche mit der Möhre und dem Porree. Alles landete gleich im Suppentopf. Dann würfelte ich grob das Rindfleisch und legte es ebenfalls dazu. Noch ein paar klein geschnittene Möhren und Zwiebeln kamen oben drauf. Dann habe ich alles mit kaltem Salzwasser aufgegossen, zum Kochen gebracht, dabei Lorbeerblätter, Piment und Pfeffer dazu gegeben und beim Aufkochen ein wenig den Schaum abgeschöpft. Danach kam die schwierigste Aufgabe: den Herd so einzutarieren, dass der Suppenansatz gerade so nicht köchelte. Drei Stunden später machte ich mir dann langsam Gedanken, was ich wohl aus der Brühe hervorzaubere …

Da stand noch ein Spitzkohl rum, der verarbeitet werden musste. Aber ein sinpler Kohleintopf sollte es dann auch nicht werden.

Krautfleckerlsuppe mit Rinderbrühe (klassisch) unterm PfannendeckelWer meine Küchenausstattung kennt, wird bemerken, dass hier kein Topf unter dem Deckel ist, sondern eine Pfanne. Zugegeben: eine tiefe Pfanne. Aber eine Pfanne. Die erkennbaren Möhren und das dunkle Rindfleisch kommen aus der Brühe. Aber lüften wir mal den Deckel ein wenig.

Krautfleckerlsuppe mit Rinderbrühe (klassisch) aus der PfanneSchlecht durchgeschwenkt, würde ich mal sagen. Man sieht den Kohl gar nicht. Aber mal andersrum gefragt: Kohl und Pasta? Klingelt da was? Genau: Krautfleckerl. Wenn ich noch erst eine Suchmaschine bemüht hätte, würde ich vermutlich Abstand von der Namensgebung nehmen, aber mein Ansatz ließ mich an diesen süddeutschen Klassiker denken.

Was habe ich gemacht? Ich habe den nicht zu klein geschnittenen Kohl ein wenig in der Pfanne in etwas Fett angeschmort, das Ganze mit Salz und Kümmel gewürzt und mit etwas purer Brühe abgelöscht, als der Kohl anbräunte. In die Mischung habe ich dann Nudeln gegeben (etwas flächigeres wäre besser gewesen, hatte ich aber nicht), Deckel drauf und al dente kochen lassen. Zum Schluss (und ggf. auch zwischendurch, wenn zu viel Flüssigkeit verschwindet) kommt dann noch von der Brühe, aber diesmal gern auch mit Einlage drauf. Gut durchmischen und anrichten.

Krautfleckerlsuppe mit Rinderbrühe (klassisch)Da schwimmt übrigens noch eine milde Chorizo drin rum. Die war vorher auch schon in der Brühe und aromatisierte diese ein wenig. Sie war nicht von Anfang an dabei, aber 2 Stunden hat sie sicher mitgezogen.

Krautfleckerlsuppe mit Rinderbrühe (klassisch)Ja, ich weiß, die Nudeln sind nicht die richtigen für Krautfleckerl, aber bei einer Krautfleckerlsuppe ist das auch fast wieder egal. Und das Fleisch: ganz zart … Lecker.

In den Resten der Brühe habe ich übrigens am Tag darauf noch ein paar Kartoffeln gar gekocht und leicht angestampft. Die Idee dahinter war eine einfach Kartoffelsuppe, aber irgendwie …

Pulled Brisket Potato Soup… wurde durch das Kochen und das kräftige Umrühren zum Ende hin (und natürlich auch durch das Stampfen) auch das Fleisch etwas zerfleddert. Das tat dem Geschmack keinen Abbruch, nur wurde die Kartoffelsuppe dadurch nicht hell wie eine klassische Kartoffelsuppe. War wohl doch noch recht viel Fleisch im Topf.

Pulled Brisket Potato SoupSo nennen wir das Machwerk mal Pulled Brisket Potato Soup. In einer weiteren Portion wurde das Bild noch deutlicher:

Pulled Brisket Potato SoupSo lecker. Es geht doch nichts über eine gute Brühe.

Sonntagmittag

Man fährt schon eine knappe dreiviertel Stunde, um sich mal mit einem besonderen Fisch verwöhnen zu lassen. Das Restaurant ist auf dem Gebiet recht erfolgreich, und man kann froh sein, dass das Gebäude im Laufe der Zeit gewachsen ist. Immer wieder ein Stück. So ist es kein auf den ersten Blick riesiger Gastraum sondern wirkt doch etwas heimelig, obwohl es doch eher eine Großgastronimie ist. Man wird auch mit Bussen an Gästen fertig.

Welsgyros mit Pommes und TsatsikiDieses Mal habe ich das Welsgyros probiert. Beim Thema Gyros (wenn es denn ein richtiges sein soll) bin ich ja etwas empfindlich, zumal man häufig unter dem Namen nur ein gebratenes Schweinegeschnetzeltes, nach Gyrosart gewürzt, aus der Pfanne gekommt, was NICHTS mit einem richtigen Gyros zu tun hat. Aber das Welsgyros ist eine Kategorie für sich und hat Ausnahmegenehmigung.

Mariniertes Welsfleisch wurde gebraten, dazu gab es ein hausgemachtes Tsatsiki und ich wählte Pommes als Beilage. So weit, so lecker. Wirklich. Hinterher habe ich nochmal auf die Karte geguckt, ob ich noch einen Aspekt richtig in Erinnerung hatte. Hatte ich. Leider. Weil auf der Karte stand “marinierte und knusprig gebratene Welsfiletstreifen” und knusprig war (bis auf die Pommes) auf diesem Teller nichts. Schade. Wenn’s auf der Karte drauf steht, wäre es doch schön gewesen, es auch auf dem Teller zu finden. Stellt sich die Frage: Koch schulen oder Karte korrigieren und “knusprig” rausstreichen? Geschmeckt hat’s ja.

Apropos schmecken. Ausnahmsweise nahm ich mal eine Vorsuppe (irgendwie bin ich an diesem Wochenende Suppenkaspar gewesen). “Omas Fischsoljanka”, auch im Original ohne Deppenappostroph. Super.

Omas FischsoljankaKann man wirklich essen, wobei mir bereits beim ersten Löffel – ganz kitchenimpossiblelike – das Rezept dieses Gerichtes förmlich ins Gesicht sprang. Wobei die Formulierung sicher nicht exakt ist (das ist ja auch immer das Problem bei Kitchen Impossible). Aber sagen wir mal so: Ich wüsste, wie ich eine sehr ähnlich schmeckende Fischsoljanka binnen kürzester Zeit auf den Tisch zaubere. Zutaten: Ein paar Würfel Fisch als Einlage, etwas Fischfond, Wasser und ein Glas Letscho. Letzteres wird erwärmt, mit Fond und Wasser etwas verdünnt, dann kommen die Fischwürfel hinein, die nur noch garziehen müssen. Fertig. Ok, noch ein Zitronenviertel, ein Klecks Schmand und etwas Kräuter, vielleicht auch noch abschmecken.

KW10 – Unerhört, unvernünftig, aber gut

Wobei “unerhört” als Empörungswort gemeint ist. Von bestimmten Wochenendaktivitäten hoffe ich mal, dass sie erhört bzw. gehört worden sind. Aber das gehört nicht hierher. Es war ein arbeitsreiches Wochenende,  das wenig Platz für große Kulinarik bot. Wobei das auch wieder nicht stimmt. Ich verheddere mich da gerade gedanklich.
KrokusseNein, ich steige nicht in die Safranproduktion ein. Obwohl …
KrokusseAuch wenn sie eine gewisse Ähnlichkeit mit den Krokussen haben, die man gemeinhin als Quellen für Safran anerkennt, standen die hier abgebildeten eher “nur” schick in der Gegend rum. Die rechts im Hintergrund auf dem unteren Bild unscharf zu sehenden sind übrigens die auf die obigen Bild. Beides hat mit meiner Samstagstätigkeit zu tun, aber eher nur geografisch, da besagte Beschäftigung vermutlich so ca. 50-100 m neben diesen Krokussen stattfand. Und da dies alles auch in die davorliegenden Wochentage ausstrahlte, habe ich die Idee für eine kleine kulinarische Frechheit auf die kommende Woche verschoben …
Der Sonntagmittag brachte klassisches, mit einem kleinen Touch Finesse. Aber erstmal etwas leichtes, kleines vorneweg.
Doppelte Kraftbrühe mit Gemüse und EierstichIrgendwie war mir nach einem kleinen warmen Süppchen. Das ist eine klassische Doppelte Kraftbrühe, allerdings aus Wild. Mit wildem Wurzelwerk und wildem Eierstich. 😉 Sieht gut aus, schmeckt gut, tut gut. Und bereitet einen auf das kommende vor. Und das es dieser Vorbereitung  bedurfte, hatte ich nicht mal geahnt.
Roulade mit Himbeerrotkohl und KarftoffelstampfWeil es irgendwie am Größenvergleich fehlt. Die Stampfkartoffeln waren übrigens mit einem Eiskugeldingens portioniert …
Roulade mit Himbeerrotkohl und KarftoffelstampfWorauf ich hinaus will: Die Roulade war riesig. Vermutlich, weil es auch die letzte war, die sie noch hatten – wie ich später mitbekam. Die “normalgroßen” sind wohl eher verkauft worden. Wenn ich die Gästinnen betrachte (so im Nachhinein), die sich auch für die Roulade interessiert hatten, und diese eine “Damenportion” bestellt hätten, hätte man diese Roulade gut teilen können und es wäre für beide eine ausreichende Portion gewesen.
Aber lecker war sie. Auch der Rotkohl, mal nicht mit Äpfeln, sondern mit Himbeeren, war auch sehr schön. Vom Kartoffelpüree und der Soße ganz zu schweigen. Wenngleich … ein wenig Jammern auf hohem Niveau muss aber doch sein. Eine langsamere Garung der Roulade hätte ihr vermutlich gut getan. Aber gut, dass hinreichend viel Soße auf dem Teller war, so war es dann doch gut. Die Roulade war übrigens klassisch gefüllt. Ob jetzt die Zwiebeln, der Speck und die Gurke bio waren, kann ich nicht sagen, das Fleisch war es nach Auskunft des Service aber. Und auch noch regional. Ich habe mal auf der (Land-)Karte nachgemessen. Zwischen diesem Teller und dem Stall liegen Luftlinie ca. 6-7 km. Das muss auch erstmal jemand nachmachen. Dazu Gemüse der Saison. Was will man mehr?! Naja, insgesamt vielleicht etwas weniger … Aber kann es Gutes zu viel geben?