Murphys Law – Lost On Monday

Die Gastronomie und der Ruhetag – hier ist das Thema zwar noch nie thematisiert worden, aber anderswo ist das manchmal durchaus ein Thema. Erstaunlich fnde ich nur, dass es selbst Gastronomen augenscheinlich sehr unterschiedlich sehen, wie sie mit Ruhetagen umgehen. Ausgehend von einer täglichen Öffnung mit durchgehend warmer Küche bis hin zu nur abends oder nur mittags geöffnet und dann noch ein oder zwei Ruhetage reicht das Spektrum. Letztendlich ist es die unternehmerische Entscheidung des Wirtes/der Wirtin, wie er/sie die Öffnungszeiten gestaltet, sicher immer abgestimmt auf die Kundschaft und das sonstige Umfeld. Aber manchmal fragt man sich, ob da immer die richtige Entscheidung getroffen wird. Ist es manchmal nicht einfach besser, einen Ruhetag einzuführen, als einen Tag (oder auch mehrere) nur mit einer Notbesetzung zu arbeiten und dann durch das minderwertige Angebot Gäste für die Zukunft zu verscheuchen.
Vielleicht ist es ja wirklich nicht die beste Idee, an einem Sonntag- oder Montagabend aushäusig etwas essen gehen zu wollen. Die Auswahl offener Gaststätten, gerade auch im kleinstädtischen Umfeld (inkl. der Gegend drumrum), ist eher eingeschränkt. Aber ein paar Standards gibt es doch. Zu einem solchen führte aber ein Umweg übers Umland auf der Suche nach einem warmen Abendbrot. Der Weg führte über Friedland, Sandhagen und Altentreptow wieder nach Neubrandenburg zurück und ließ uns in einem 7-Tage-offenen Gasthaus enden. Dort waren wir schon öfter und sind bisher immer gut bedient und verköstigt worden, so wollte wir dann auch mal ein Bewertungsessen veranstalten.
Das Restaurant empfing uns mit bewährter Gastlichkeit, es schienen einige Gruppenfeiern stattzufinden, aber wir fanden schnell einen Platz. Nur der Service war weit und breit nicht zu sehen. Vermutlich half er in der Küche. Die entsprechende Tür dorthin entließ dann auch die zu diesem Zwecke beschäftigte Fachkraft, die sich kurz hinter dem vorhandenen Tresen aufhielt und dann wieder in der Küche verschwand. Nachdem das noch einige Male passierte, mussten wir annehmen, doch einen ungünstigen Platz erwischt zu haben: Die Deko auf dem Tresen war so groß, dass der sicher sonst sehr umsichtige Service unserer nicht ansichtig wurde. Aber durch einen Schlitz direkt zwischen Tresen und Deko wurden wir dann doch als neue Gäste erkannt und mit Speisekarten versorgt.
Schnell war das gewünschte ausgewählt und dann begann die Gedächtnisübung. Können wir es uns bis zur Bestellung merken, zumal sich nicht irgendwelche Nummern waren – die gab es auf der Karte nicht. Es mussten ganze komplexe Namen der Gerichte behalten werden. Immerhin, die Servicekraft war jetzt häufiger im Gastraum zu sehen. Die Feierlichkeiten an den anderen Tischen neigten sich ihren Enden entgehen, es wurde abgeräumt und kassiert. Bezahlen wollten wir auch, aber erstmal dafür auch eine Grundlage bilden. ‚Wenn sie nach dem nächsten Abräumen nicht zu uns kommt, um eine Bestellung aufzunehmen, gehen wir woanders hin‘, waren die ausgehungerten Gedanken. Obwohl sich die Zeiger der Uhr schon der 20. Stunde näherten, wir hätten noch einen gemütlichen Ort gewusst, der uns freundlich empfangen und mit Atzung versorgt hätte. Und ich meine nicht irgendein Systemrestaurant.
War es Gedankenübertragung? War es einfach nur der normale Ablauf im Service? Kurz, bevor wir die Jacken ergreifen konnten, wurde dann doch unsere Bestellung aufgenommen. Soljanka (was sonst?), französische Zwiebelsuppe, Mecklenburger Schnitzel und Rumpsteak „Strindberg“ hieß die im Nachhinein sehr internationale Bestellung. Die georderten Getränke (nicht auf der Karte enthaltene Fruchtsaftschorle und Bier) kamen zügig. Wobei sich die Frage stellen lässt, ob man geschmacklich den Unterschied zwischen abgestandenem Mineralwasser und Leitungswasser erkennt, wenn es zu einer Schorle verwendet wurde. Ich habe da überhaupt kein Problem mit Leitungswasser, im Gegenteil. Aber etwas Kohlensäure in einer Schorle wäre schon schön gewesen.
Auf die Vorsuppen musste auch nicht lange gewartet werden. Die Soljanka war in ihrem Säurespiel sehr gut ausgependelt und schmeckte wie erwartet und schon lange bekannt gut. Die mit überbackener Matschepampe bedeckte Zwiebelsuppe mit Croutons und Käse überbacken überzeugte höchstens geschmacklich. Unter Croutons darf man ruhig etwas knuspriges verstehen, und wenn man sie auf eine Suppe legt und dann noch mit Käse überbackt, muss man sie vorher sehr(!) gut anrösten, damit sie sich nicht mit Suppe vollsaugen und eine schleimige Matsche ergeben. Vielleicht hilft ja auch, vernünftiges Weißbrot dafür zu nehmen und nicht diese aufgeblasene Feuerzeugwatte, die sich Toastbrot nennt. Aber manchmal hilft auch, Suppe und „Deckel“ getrennt zuzubereiten und erst ganz kurz vor dem Gast zu vereinen … Vorausschauend ist hier der Service zu nennen; auf die Frage, ob es denn geschmeckt hätte, mussten wir nicht lügen, da sie gar nicht erst gestellt wurde.
Die Qualitätsvorzeichen bei der Menüfolge wechselten dann die Besitzer, als die Hauptgerichte auf den Tisch kamen. Das Mecklenburger Schnitzel, ein in Eihülle gebratenes dünnes Schweinesteak kam zart und saftig auf den Tisch, die Bratkartoffeln waren genauso lecker, nur die Cremechampignons waren vielleicht etwas dunkel. Das Salatbukett kam knackig daher, ein paar Tropfen eines Dressings hätten den Teller zur Vollendung gebracht. Beim Rumpsteak „Strindberg“ – eine Hülle aus Ei, Zwiebel und Senf ist hier das besondere – war noch ein wenig vom bestellten Medium-Zustand entfernt, dafür hatten die Pommes zu viel oder zu lange oder zu oft Hitze bekommen. Die waren definitiv knusprig und hatten das zuviel, was den weiter oben erwähnten Croutons fehlte. Aber eins hatten sie wohl auch zu wenig: ein Abtropfen des Frittierfettes … Aber wollen wir mal nicht nörgeln. Timing ist eben nicht jedem gegeben, zumal Gäste ja auch unterschiedlich schnell essen.
Die abschließenden und Lebensgeister wecken sollenden Heißgetränke kamen in Minimalkonfiguration auf den Tisch: kein Wasser zum Espresso, keine Kekschen, übersichtliche Menge Milchschaum auf dem Cappuccino, und die geschmackliche Dichte der Kaffeegetränke ließ einen unverzögerten Nachtschlaf vermuten, was sich dann auch bestätigte. Leere Gläser auf dem Tisch wurden durch den Service auch nicht bemerkt, der Feierabend lockte dann wohl. Nach einer kleinen Verdauungsautorunde fuhren wir ca. eine halbe Stunde, nachdem wir das Gasthaus verlassen hatten, an einem lichtlos dunklem Gebäude vorbei, das von einem rechtzeitigen Betriebsschluss zeugte.
Unabhängig voneinander waren wir in der Vergangenheit schon mehrfach im Gasthaus Sandkrug zu Gast – bis hin zu eigenen Familienfeierlichkeiten. Dabei sind wir immer durch fachgerecht und gut zubereitete Speisen und einen umsichtigen Service positiv beeindruckt gewesen. Warum es nun an diesem „Bewertungsabend“ nicht so war, weiß nur die anwesende Crew. So bleiben wir bei einer historisch bedingten positiven Empfehlung. Zumal in den letzten Monaten und Jahren sehr viel am Haus innen und außen neu gemacht wurde und man dort wirklich auch gut essen kann. Nur vielleicht nicht Montags Abends, wenn andere Gaststätten erst gar nicht öffnen …

Anderer See, anderer Strand, anderes Erlebnis

Schön zu lesen, dass man nicht der einzige in der Region ist, der sich mit der mehr oder weniger gehobenen Gastronomie beschäftigt. Wobei „beschäftigt“ eher als neutrales Ersatzwort zu verstehen ist; „rumärgert“ wäre auch eine Idee gewesen, oder „aufreibt“. Aber das wäre doch zu wertend gemeint. So war ein anderer Blogger in einem benachbarten Städtchen in größerer Gruppe unterwegs, um negativ aufzufallen. 😉 Gesehen habe ich den beschriebenen Laden auch schon, aber bisher führt der Weg immer vorbei.
Dass man an Seen mit Blick aufs Wasser von einer schönen Terrasse auch ganz andere Erlebnisse genießen kann, soll diese Geschichte zeigen. Wobei es eigentlich etwas ganz anderes zum Abendbrot geben sollte. Ursprüngliche Idee war eine Art Restevertilgung, die durch eine Art Arbeitsessen ersetzt werden sollte. Es gab ein paar Punkte aufgrund einiger Ereignisse in Zukunft und Vergangenheit zu besprechen. Italienisch sollte es werden, aber irgendwie hatten wir kein Glück. Das erste angesteuerte Ristorante war wegen Betriebsferien, das zweite wegen Ruhetag geschlossen. Also suchten wir weiter und wurden fündig. Irgendwie erinnerte das an eine andere Irrfahrt auf der Suche nach Essbarem. Und – um es vorweg zu nehmen – das Erlebnis war durchaus vergleichbar, inkl. Bewertung.
Es war schrecklich. Die Endabrechnung stimmte nicht, die Stühle waren unbequem und es gab keine Crème brûlée. Naja, die Dessertkarte schien eher auf die Tatsache abgestimmt zu sein, dass das Restaurant auch ein Café ist. Bei den Portionsgrößen scheint man auch kein Dessert zu brauchen. Und dass die Stühle unbequem waren, lag vermutlich doch eher an mir … Bei einer gewissen Körperlichkeit werden Sitzgelegenheiten mit Armlehnen manchmal doch etwas eng. Und die Abrechnung stimmte nur von der Zuordnung der Vorspeisen nicht, da sie aber preislich identisch waren, spielte es bei der Summe keine Rolle.
Alles andere – Essen, Atmosphäre und Service – war einfach nur top. Das Wetter ließ es noch zu, auf der Terrasse Platz zu nehmen. Der Blick war wunderbar, über den See in Richtung Stadt oder alternativ in den Sonnenuntergang. Wir saßen gerade und hatten in die Menükarten (leider nicht im Internet verfügbar) geschaut, kam der sehr nette und wie sich im Verlauf des Abends noch herausstellte aufmerksame Service auf uns zu und fragte nach dem Begehr. Vorspeise, Hauptgericht, Getränke. Das übliche eben.
Apropos das Übliche. Die Soljanka war spitze, was sich u.a. dadurch zeigte, dass sie auch eine „Sommersoljanka“ war, der, im Gegensatz zur „Wintersoljanka“ die Säure fehlte. Frische Gemüse sind verfügbar und mussten nicht durch ihre eingesäuert gelagerten ersetzt werden. Die Bruchetta (immerhin wollten wir ja eigentlich zum Italiener) war irgendwie deutsch, aber lecker und gut gemacht. Auf der Rechnung hieß diese Spezialität dann auch wieder Bruschetta, aber das nur nebenbei.
Manchmal wünscht man sich drei Hände. Pasta mit einem schönen Fischfilet ist eine solche Situation. Immerhin bekommt man dafür auch drei Besteckteile: das Fischmesser – Was soll ich denn mit dem Mini-Tortenheber? – für das Filet, die Gabel für alles andere und den Löffel als Hilfe für die Pasta. Dafür wurde er letztendlich aber nicht verwendet, aber die Paprikawürfel und den kleinen Bohnensalat aus der Garnitur könnte damit wunderbar aufgenommen werden. Dem gut zubereiteten Fisch, der Pasta und den übrigen Salatbestandteilen konnte mit viel Vergnügen sowie der Gabel und dem Fischmesser der Weg in den Mund geebnet werden.
Aber auch das andere Hauptgericht konnte sich sehen und schmecken lassen. Der Klassiker „Zigeunerschnitzel mit Pommes“ kam hier in der edleren Version als saftiges Schweinesteak mit einer fruchtig-aromatischen Soße, Pommes und Salatbeilage auf den Tisch. Wer daran mäkeln wollte, muss woanders hin gehen. Dann würde man aber was verpassen.
Unter anderem den Service. Aufmerksam, freundlich, höflich, zuvorkommend und mitdenkend. Nach dem Abräumen des Geschirrs vom Hauptgericht wurde selbstständig nach dem Bedarf bzgl. koffeinhaltiger Heißgetränke gefragt. Der Espresso einer- wie auch der Cappuccino andererseits waren sehr gut (und auch das Wasser war beim kleinen Schwarzen mit dabei). Da zahlte sich wohl aus, dass man auch als Café firmiert. Leere Gläser wurden bemerkt und auf Nachfrage gegen neue, volle ersetzt. Man fühlte sich gut betreut und rundum wohl. Bis auf die Sache mit dem Stuhl, aber der war eben nicht für mich gemacht. 😉
Wer also mal gut und nicht unbedingt teuer, aber dafür mit schönen Blick über den Tollensesee essen möchte, oder einfach nur einen geselligen Abend erleben möchte, der ist beim Seerestaurant und Café Augusta’s in Neubrandenburg, Lindenstraße 6d, an der richtigen Adresse. Bisher für mich auch das einzige Restaurant, dass die Tollensemaräne auf der Karte hat …

B(ä/ee)renjagd am See (aktualisiert)

Vorschusslorbeeren sind so eine Sache und ein mindestens zweischneidiges Schwert. Da hört man allerlei gutes von einer gastlichen Stätte, und geht dann natürlich mit hohen Erwartungen auch mal hin. Andererseits geht man meist nicht in ein Restaurant, von dem man nur schlechtes gehört hat. Letzteres wird meist gemieden, während bei ersterem dann die Fallhöhe umso höher ist, wenn’s schief geht. Erfüllt aber der gastronomische Betrieb die in ihn gesetzten positiven Erwartungen, ist es dafür umso schöner.
Geleitet von einigen guten Empfehlungen führte uns der Weg zu einer gastlichen Stätte, die es in der Form noch nicht so lange in Neubrandenburg gibt. Das Wetter lud zum Verweilen auf der Terrasse ein, die einen wunderschönen Blick über grüne Teile der Stadt bot. Da wir dort auch nicht die einzigen waren, bemerkte uns der Service schnell und wir nahmen ersten Kontakt auf. Die Bestellung aufzugeben erwies sich als etwas umständlich, da es am Tisch nur eine Menükarte gab. Selbst ein Hinweis auf diesen Umstand führte nicht dazu, dass weitere gebracht wurden. So waren die Merkleistungen der Gäste herausgefordert, die ausgewählten Gerichte ohne Karte im Kopf zu behalten.
Wobei die Speisekarte erfreulich kurz war. Meine These ist ja: „Je kürzer die Speisekarte, desto besser das Essen.“, wobei ich inständig hoffe, dass das dabei erwartbare mehr an selbstständiger Küchenarbeit auch zu einer besseren Qualität auf dem Teller führt. 6 Vorspeisen, 8 Hauptgerichte, ein Dessert plus ein paar Eiskreationen waren zu haben. Und nichts las sich wie das übliche verdächtige Zeug, was einem leider viel zu oft begegnet. Man durfte also gespannt sein.
Die Bestellung wurde aufgegeben und wir harrten gespannt auf das, was uns in Kürze erbauen würde. Handwerklich zubereitet – was länger währt, wird gut. Nach 40(!) Minuten kam immerhin ein kleiner Gruß aus der Küche, eine weiße, leicht würzige Creme, ein paar Weißbrotscheiben und EIN Messer. Preisfrage: Es sitzen 3 Leute am Tisch, wieviele Brotscheiben legt man dem Cremetöpfchen bei? Je nach Größe 3, 6 oder 9 – wäre so meine Logik. Es lagen fünf dabei. Fünf Scheiben, die auch nicht verhehlten, dass sie schon eine Weile auf ihren Einsatz gewartet hatten. Diese hatten ihre Knusprigkeit, die durch eine gepflegte Röstung oder Toastung durchaus angenehmer hinzubekommen gewesen wäre, von ganz allein erreicht.
Die Vorspeisen waren übrigens lecker. Wenn auch einer nicht ganz das bekommen hatte, was er eigentlich wollte, aber er hatte sich auch nicht ganz klar ausgedrückt. Geschenkt. Da ist dem Restaurant kein Vorwurf draus zu machen. Das leicht gehobene Preisniveau der Einrichtung schien sich aber auch unter anderem durch die Größe der Portionen zu erklären. Ein Quäntchen Kulinarik mehr, und es hätte eines Hauptgerichtes nicht mehr wirklich gebraucht. Die kurze Dessertliste hätte stutzig machen müssen. Die Esser bemerkten aber sehr wohlwollend, dass sich die Küchenleistung und das echte Selbermachen und nicht nur Aufwärmen positiv bemerkbar mache. Die Ideen eines Neubrandenburger Anti Pasti-Tellers, einer Fischboulette auf warmem Kartoffelsalat oder einer Pilzpfanne mit Kartoffelkuchen sprechen für den Anspruch und die Philosophie, nach denen hier gekocht wird.
„Frische Bandnudeln“ heißt übrigens nicht „Selbst gemachte Bandnudeln“, dessen muss man sich bewusst sein, wenn man Speisekarten liest. Vielleicht wären es ja weniger gewesen, wenn sie selbst gemacht worden wären, aber sie gingen ob ihrer Menge auf dem Teller zum Teil wieder zurück in die Küche. Die Portionsgrößen in den Restaurants …. aber lassen wir das. Ansonsten war das Gericht schon in Ordnung, wenn auch nur sehr feinsinnig gewürzt. Das zog sich allerdings durch alle drei Hauptgerichte durch: Dezents in der Würzung. Die Spanferkelbäckchen auf dem Linsensalat mit knackigem Gemüse (rohe Möhren eben) überzeugten durch ihren zarten Biss (also die Bäckchen), während Linsen und vor allem die Möhren doch durch ihren Vitaminreichtum auffielen. Die stellenweise aromagebende Minze wäre verzichtbar gewesen, hätte der ganze Salat nach mehr geschmeckt.
Muss ein Hauptgericht, vor allem, wenn es zum Abendbrot verzehrt wird, eigentlich warm sein? Kommt drauf an. Der Tomatensalat war natürlich kühl, die Auberginenwürfelchen darin auch. Aber ein Brotauflauf oder ein mariniertes Maishähnchen? Spätestens bei letzterem – zumal mit Haut serviert – darf man eine gewisse innere Wärme und Ansätze von Knusprigkeit der Haut erwarten. Wenn natürlich schwabbelige Haut und ungares Fleisch zum Konzept gehört haben sollen, haben wir es wohl fehlinterpretiert.
Das Dessert fiel aus. Der Espresso kam, das war schon von weitem zu sehen, formvollendet (also mit dem kleinen Wasser) an den Tisch. Schade nur, dass die Tasse, genau wie auch die Cappuccino-Tasse, bei genauerer Betrachtung verrieten, dass dies an dem Tag wohl nicht ihr erster Einsatz war. Immerhin, der beigelegte Löffel war sauber; schmeckte er doch beim Cappuccino-Schaum-Ablecken irgendwie ein bisschen nach Seife.
Zum Schluss noch was positives: Die Biere waren frisch gezapft, die Cola wohlschmeckend und bei der Fruchtsaftschorle war bei der Bestellung nicht von irgendwelcher Kohlensäure im Wasser die Rede. Die Vorschusslorbeeren verwelken irgendwo in einer Ecke. Bleibt zu hoffen, dass der Koch vielleicht Urlaub hatte (schließlich ist Urlaubszeit) oder irgend etwas anderes zu diesem Ergebnis führte. Vielleicht wechselt die Rethra Seeperle auch regelmäßig die Karte (die Quellen der Lorbeeren sprachen auch von anderen Gerichten) und man sollte die nächste nochmal probieren. Die Grundidee, die hinter dem gastronomischen Konzept steckt, die Philosophie finde ich nämlich gut. Nur die Ausführung …

 
Aktualisierung: Eben war ich mal auf der Facebook-Seite der Gaststätte. Da war, wie der Zufall so spielt, meine Vorspeise abgebildet. So sah die aber bei mir nicht aus, die Gurken fehlten völlig …

Internationale Beziehungen

Essen, vor allem, wenn man es richtig machen will, ist ein Vorgang, der den ganzen Menschen fordert. Nicht nur die Sinne werden herausgefordert, auch das Hirn bekommt einiges zu tun. Und dabei ist nicht nur gemeint, dass man sich mit anderen Tischgästen angenehm unterhalten kann. Dass der Geschmackssinn beteiligt ist, liegt auf der Hand. Aber das meiste, was wir schmecken, schmecken wir nicht, sondern riechen es eigentlich. Also ist auch der Geruchssinn dabei; das Auge isst ja sowieso mit. Da auch die Konsistenz eine nicht unwichtige Rolle spielt, haben wir den Tastsinn auch beschäftigt, vor allem bei den knackigen oder krossen Beilagen hat das Ohr dann auch noch was zu hören.
Und dann kommt irgendwann das Gehirn ins Spiel und das stellt die komischsten Fragen.
„Gibt es in Mexiko italienische Restaurants?“
Warum eigentlich nicht?
„Gibt es auch deutsche Restaurants dort?“
Gute Frage.
Ich war mal in Schwerin in einem Restaurant, da gab es Pizza, Chop Suey, Pasta, argentinische Steaks und sonst noch allerlei. Sowas scheint es auch in Neubrandenburg zu geben, wobei das hiesige ansprechender eingerichtet ist; und auch der Service ist hier, wenn man mal die eine Stichprobe verallgemeinert, ist gut drauf (auch wenn ich schon was anderes gehört hatte).
Rätsel: Chinesisches Restaurant, italienisches Restaurant, französisches Restaurant, gutbürgerliches Restaurant oder irgendwas anderes? Chili con Carne, Mozzarella Caprese, Camembert gebacken, Weinbergschnecken, Mozzarella-Sticks, Nachos Con Picadillo, Steak, Spare Rips, Fajitas Scampi, Holzfällersteak, Spaghetti Bolognese, Pizza Hawaii, Lasange Al Forno, Cordon Bleu, gegrilltes Kängurufilet, Calamari fritti. Na???
Die Gerichte auf der Karte sind durchnummeriert. Irritierend sind zwei Punkte. Die Nummern, die vor den Speisen der Angebotskarte stehen, gibt es auch in der Standardkarte. Und: Die höchste vergebene Nummer für Essen ist die 213. Sicher: Nicht jede Nummer ist vergeben. Und die Beilagen zu den Steaks haben auch eigene Nummern. Knapp 100 Gerichte stehen auf der Karte. Plus die Variationsmöglichkeiten bei den Steaks. Da fällt mir nur ein altes Weistum ein: „Die Qualität von Gaststätten-Essen ist umgekehrt proportional zur Länge der Speisekarte.“
Aber das ist ja das schöne an der modernen Küche: Man braucht keine Köche mehr. Nur noch kundige Bediener der Küchengeräte. Wesentliche Teile des servierten Essens bestand aus aufgebratenen, auffrittierten Convenience-Produkten, selbst die „Grillstreifen“ auf den Schweinemedaillons sahen so aus, als ob sie auch schon vor dem Braten auf dem Fleisch waren. Pommes aus der Tiefkühltüte, Kartoffelspalten aus der Tiefkühltüte, Fleisch war auch tiefgekühlt. Positiv zu bemerken: Das Salatbouquet war frisch. Und lecker. Und auf jedem Teller das gleiche.
Bei knapp 100 Gerichten auf der Karte ist die Chance, wirklich etwas frisch, also von ursprünglichen Zutaten ausgehend, zubereitetes zu finden, sehr gering. Teile der Karte habe ich auch schon bei schlechten Pizzaservices gesehen, für die Gerichte scheint es Systemanbieter zu geben. Wobei, was Essen betrifft, die Kombination „schlechter Pizzaservice“ eine Tautologie ist. Selbst Pizzas, die ursprünglichste der Bring-Speisen, überstehen meist den Transport nicht sinnvoll, sollten sie denn wenigstens beim Absender noch gut zusammengestellt sein.
Das La Paz im Neubrandenburger Windbergsweg ist kein Pizzaservice, obwohl die Karte stellenweise so anmutet. Mexikanische Kochkunst darf man nicht erwarten, wobei die Fertigprodukte handwerklich gut zubereitet wurden. Nicht mehr und nicht weniger. Aber das scheint ja das allgemeine Niveau der Gastronomie in der Region zu sein. Es gilt, die Ausnahmen zu finden, wenn man wirklich gut essen will. Verwechselbar Essen zubereiten kann jeder. Industrielle Vorbereitung sei dank.
Der Cappuccino war übrigens gut. Einen Espresso gab es nicht. Martin war nicht dabei.

Hommage an die Heimat

Irgendwann in den 1990er Jahren sah ich mal ein Präsentationsvideo meiner Heimatstadt Neubrandenburg. Dort hieß es so schön, dass die Stadt an den Hauptverkehrsströmen von Skandinavien nach Südeuropa und vom Atlantik nach Russland liegt. Oder so ähnlich. Angespielt wird auf die ringförmige Kreuzung zweier bedeutender Bundesstraßen, der B 104 und der B 96. Damals. Und wie es sich für eine solche Kreuzung gehört, sind es vier Straßen*), die sich hier vereinen aus den vier Himmelsrichtungen.
Neubrandenburg – Die Stadt der vier Tore. So heißt sie doch auch immer noch. Und wenn man die beiden Mauerdurchbrüche nicht mitzählt, hat unsere beinahe preisgekrönte Stadtmauer**) vier Stadttore aufzuweisen, die auch irgendwie unstimmig zu sein scheinen, außer, man nimmt an, der Ring hätte sich im Laufe der Geschichte etwas gedreht. Das Friedländer Tor zeigt eher nach (Alten-)Treptow, das Treptower Tor nach Stavenhagen, das Stargarder Tor nach (Neu-)Strelitz und das Neue Tor nach (Burg) Stargard. Aber wer die alten Wege weit vor den Bundes- und Fernverkehrsstraßen kennt, der weiß, dass doch alles stimmt.
Die Zahl Vier scheint doch irgendwie mit Neubrandenburg sehr eng verbunden zu sein. Aber da ist sie nicht die einzige. Der Tollensesee gehört auch mit dazu, unser Kulturfinger, Sportvereine, die schon Weltmeister hervorgebracht haben und vieles andere mehr gehören auch dazu. Kulinarisch möchte ich mich, was den Ruhm der Stadt betrifft, mal nicht so weit aus dem Fenster lehnen. Zwei der auch über die Stadtgrenzen hinaus bekannten Getränke***) aus der Stadt gibt es nicht mehr, die Firmen sind pleite bzw. verkauft. Immerhin gibt es im weiteren Umfeld Deutschlands nördlichstes Weinanbaugebiet, aber das gehört nicht wirklich zu Neubrandenburg. Die große Bäckerei in der Stadt hat europaweit Kunden, nur steht da meist der Hersteller so direkt nicht auf den Produkten.
Wie wäre es mal mit einem typisch Neubrandenburger Gericht? Es sollte aus vier wesentlichen Zutaten bestehen, die irgendwas mit der Stadt oder der näheren Region zu tun haben. Mit dem Gedanken trage ich mich schon eine Weile. Mehrere Ideen wurden geboren und verworfen****). Aber jetzt ist es endlich so weit: In Kürze kann die Kreation bestaunt und nachgekocht werden. Etwas anderes mit 4 Buchstaben wird bei der Präsentation helfen: EiTV. Die kommende Folge, übrigens eine Jubiläumsausgabe, wird das Gericht nachmachbar zeigen. Es ist einfach herzustellen, hat aber einen Nachteil: Eine Zutat ist sehr saisongebunden. Wir hoffe, EiTV noch in der diesjährigen fertig zu bekommen. Morgen wird gedreht.
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*) Wer genauer hinsieht, auch damals schon, sieht natürlich sechs Straßen, denn auch die B 197 und die B 192 sind mit der Stadt verbunden, aber naja …
**) Die Sache mit dem UNESCO-Weltkulturerbe ist doch vom Tisch, oder?
***) Cherry Lady und die Neubrandenburger Biere
****) Das „Datzesuppe“-Rezept war schon sehr ungewöhnlich. Obwohl es ein konkretes Vorbild hatte, ich glaube aus der österreichischen Küche.

Wiederholungen sind keine Kopien

Darf man bei einem Restaurantbesuch erwarten, dass ob der quasi unveränderten Speisekarte nach dem letzten Besuch auch das gesamte Erlebnis unverändert geblieben ist? Ja.
Darf sich die Abwesenheit des „Chefs“ auf die Qualität des gastronomischen Erlebnisses auswirken? Nein.
Lehrausbildung Ende Oktober – Sowas beginnt doch meist im August? – Darf das Auswirkungen haben? Eigentlich nicht, und wenn, dann nur kleine. Man ist als Gast ja guten Willens, jeder war irgendwann mal Azubi oder Lehrling.
Gerade auch, wenn man für ein Stück Fleisch auf dem Teller über 20 Euro ausgibt, begleitet von einem Hauch Garnitur, etwas BBQ-Soße und etwas Knoblauchbaguette, dann sollte man alle obigen Frage so beantworten dürfen. Allein, es war nicht so. Aber das Knoblauchbaquette war gut. Und der Frischkäsedipp vom gegenüberliegenden Teller. Und beides zusammen. Aber dann folgt schon die Mängelliste.
Die große Cola von gegenüber kam auch wie bestellt, bei meiner großen Pfirsichschorle fehlten die Größe und wesentliche Teile der Schorligkeit. Nunja, die junge Kraft, vermutlich noch am Beginn ihrer großen Gastronomiekarriere, kam nach der Aufnahme der Bestellung nochmal zurück, um vergessene Details (Garpunkt der Steaks) nachzufragen. Schade, dass sie nicht alles nochmal eruiert hat.
Es ist immer schwierig, wenn bei mehreren Personen an einem Tisch unterschiedliche Gänge bestellt werden. Aber ich unterstelle, dass es da in der Ausbildung durchaus eine Regel gibt, die sich auf die Situation „zwei Mann am Tisch, einer mit Vorspeise, einer ohne, sonst nur Hauptgericht, kein Dessert“ anwenden lässt. Das Ziel, dass beide gleichzeitig was zu essen bekommen, lässt sich da unterschiedlich einfach herbeiführen. Im aktuellen Fall wurde die bestellte Vorspeise einfach nicht geliefert (allerdings auch am Ende nicht berechnet). Irgendwie scheint dieser Teil der Bestellung keinen Weg vom Ohr zu Stift und Zettel gefunden zu haben.
Ansonsten: Das Rib-Eye-Steak war nicht wie bestellt medium, sondern medium rare, die Konsistenz ist mit teilweise zart, teilweise eigenartig recht gut beschrieben. Am Rumsteak muss der Koch sehr gehangen haben, es war voller sehnen/Sehnen. Das Röstgemüse wird wohl Tiefkühlware gewesen sein, von keinerlei Saisonalität gestreift.
Überarbeitung oder Stress kann auch kein Grund für die abgerutschte Leistung gewesen ein, waren insgesamt doch nur zwei Tische besetzt. Unter welchen Bedingungen ich nochmal ins Cayenne gehe, weiß ich nicht. Von allein fällt mir das sicher nicht nochmal ein.

Das Eckige liegt am Runden

Wenn ich mir einen Wirt vorstellen sollte, wüsste ich das nicht so richtig in Worte zu fassen. Aber es gibt einen Ort, der einen Wirt hat, wie ich ihn mir vorstellen könnte. In einer gelungenen Mischung aus klassischem und modernem, dass viele Möglichkeiten der Nutzung bietet. Damit war jetzt auch die Klause selbst gemeint, eine Mischung aus Bar, Restaurant und Erlebnisgastronomie.
Augenmerk liegt natürlich auf der Speisekarte und den kulinarischen Möglichkeiten. Das Menüblatt bietet eine Vielfalt an Gerichten, von kleinen Tapas über einfache Gerichte wie Bauernfrühstück bis zum argentinischen Rumpsteak. Lachs, Huhn, Suppe, Pasta – man möchte fast sagen, dass für jeden Geschmack etwas dabei ist. Und wenn der Selcher des Schinkens nicht so verliebt gewesen wäre bzw. der Koch in der Küche von dieser Verliebtheit gewusst und weniger Schinkenwürfel verwendet hätte, würde ich sagen: Ich habe die besten Bratkartoffeln meines Lebens gegessen. So waren sie leider getränkeumsatzfördernd gesalzen.
Ein gutes Steak dauert 30 Minuten – das habe ich neulich bei einer Kochschule gelernt. Der Spruch ähnelt dem mittlerweile widerlegten „Ein gutes Pils dauert 7 Minuten“. Im konkreten Fall kam es schneller auf den Tisch. Leider waren die Lichtverhältnisse nicht dazu geeignet, mit der Handycam das Essen abzubilden, aber es sei gesagt, dass jeder Teller samt Inhalt, den ich sah, sehr lecker und ansprechend aussah. Das Fleisch war proforma perfekt medium, aber es hätte wohl noch einen Punkt perfekter werden können.
Für ein Restaurant war die Atmosphäre vielleicht etwas kühl, für eine Bar der tresenbestückte Raum etwas groß, zum guten Essen aber kann man ins „Live am Ring“ gehen, der Service fiel auch eher angenehm auf. Für Events mit vielerlei Coleur scheint es sehr geeignet.

Kalter Kaffee Mangelware

Wenn jemandem hauptsächlich Sachen erzählt werden, die er noch nicht kennt, wird ihm kein kalter Kaffee angeboten. Solche bildhaften Floskeln bringen gewisse Zusammenhänge pointiert auf den Punkt; sie beleben die Sprache. Wer seinem Gästen keinen kalten Kaffee anbietet, gilt gemeinhin als interessant und besuchenswert.
Es gibt aber eine kleine, aber feine Ausnahme, bei der es darum geht, wirklich kalten Kaffee zu servieren. Wobei, so ganz gutes gehobenes Benehmen ist es wohl doch nicht (vergleiche Sendereihe „Benimm im Trend“ bei RundumGenuss auf NB-Radiotreff 88,0). Nach den allgemein üblichen Regeln  des guten Benehmens schließt, wenn es denn noch ein Kaffeegetränk sein soll, höchstens ein Espresso oder Mokka ein gutes Menü ab. Weiterführende Verarbeitungen werden als unpassend angesehen. Man kann zwar in Neubrandenburg auch recht gut speisen, allerdings fällt mir momentan kein Restaurant auf einem Niveau ein, wo auf diese (wie andere) Etikette wirklich so viel Wert gelegt wird.
Hat das Hauptgericht noch Platz für ein kleines Dessert gelassen, verbinde ich das gern mit besagtem Kaffee und bestelle mir einen Eiskaffee. Ich wollte es schon zu einer kleinen privaten Tradition aufbauen, aber ich glaube, ich lasse das. So ein Eiskaffee scheint ein sehr kompliziertes Getränk zu sein. Etwas kalter Kaffee wird – ggf. etwas gesüßt – mit einer Kugel Vanilleeis, einer Sahnehaube, einem Strohhalm und einem langstieligen Löffel in einem schlanken Glas ergänzt und dem Gast kredenzt.
Dieser Tage aß ich gut in der dafür bekannten Neubrandenburger Mudder-Schulten-Stube, die anderen Mitgäste waren ebenfalls voll des Lobes, wenn man mal von ein paar zu stark angebräunten Bratkartoffelscheiben absieht. Der abschließend zu genießende Eiskaffee erwies sich allerdings als totaler Reinfall, wie ich ihn bisher nur in einer auf anderem Niveau arbeitenden Wohngebietsgaststätte erlebte (Wobei ich dort auch schon mal ein Getränk erhielt, dass den Namen Eiskaffee wirklich verdiente. Das ist aber schon eine Weile her.). Selbst, wenn kein kalter Kaffee vorrätig gewesen wäre, die Variante mit heißem Kaffee, der sich durch das Eis abkühlte, hatte ich ja auch schon mal; aber Pulvereiskaffee, der den Namen nur wegen Spuren löslichen Kaffees in Ansätzen verdient, ist der alten Bäckersfrau nicht würdig.

Fenster mit Aussicht

Eine Restaurantkritik zu verfassen, ist gar nicht so einfach. Nicht umsonst gibt es nur wenige bekannte, große Restaurantkritiker, die das gut können (oder nur noch von dem Ruf leben, es mal gekonnt zu haben). Mit feiner Zunge wollen das Essen geschmeckt und die Getränke getrunken sein. Auch das Auge isst mit, was sich zum einen auf dem Teller und zum anderen am allgemeinen Ambiente abarbeiten darf. Eine eigene Kriterienliste, an der sich die Speiseneinnahmeeinrichtungen messen lassen müssen, sind sicher auch hilfreich. Erfahren sollte die Zunge auch sein, entweder, um dem Genuss vollendet nachspüren oder Fehler des Kochs oder Lieferanten erkennen zu können. Mein Dreh- und Angelpunkt ist das gute Essen auf dem Teller, seine Conveniencehaftigkeit (möglichst nicht), Aussehen, Frische, sinnvolle Verarbeitung u. ä. Achja, und einen guten Aufhänger für seine Geschichte braucht man auch.
Ein Familiengeburtstag brachte mich an eine hiesige Essensstätte, die ich bisher noch nicht auf meinem Schirm hatte. Vor vielen Jahren stand ich schon mal davor, allein die damalige Geschlossenheit zwang zur Weiterfahrt. Gerade aber für Gruppen scheint das Hotelrestaurant nicht unideal zu sein. Die Lage bot sowohl vor dem Haus als auch aus dem Gastraum  – zwei gläsernde Wände ermöglichen bei unpässlichem Wetter den Ausblick – einen ungewohnten Blick über Neubrandenburg einschließlich Tollensesee und -tal. Wir hatten ein wenig Glück; zwar war der Wind noch kühl und deswegen unangenehm, aber der herrliche Sonnenuntergang belohnte das Auge.
Apropos Sonne. Die beschien zuvor das Ambiente in und um den Raum der Feierlichkeit, in den sicher bis zu 30 Leute gemütlich hineinpassen. Für Wohlgefühl sorgte ein aufmerksamer Service, der sowohl Sonderwünsche als auch launige Bemerkungen aufnahm und trefflich reflektierte. Bei 20 Bestellungen á la carte kam die Küche dann zwar ein wenig an ihre Grenzen, die anwesende Kinderschar machte es aber sowieso beinahe unmöglich, dass alle gleichzeitig aßen.
Hatte man seinen Blick über Neubrandenburg gesättigt, kamen die näher liegenden Außenanlagen ins Blickfeld. Eine park- oder gartenähnliche Grilllandschaft inkl. Pavillon, ein großes Schachspiel oder auch Tischtennis und weiteres lassen den Platz für längere Feiern mit Bespaßungen für jung und alt. Bei der Vorstellung eines lauen Sommerabends, umweht vom aromatischen Odem gegrillten Schweins, in der Hand ein perfekt gekühlter Rosé und der Blick aus der Holzlaube über die Stadt, geht einem das Herz auf.  Vielleicht sollte man mal im Hotel Hellfeld nachfragen, ob die das dort selber machen oder ob man einfach nur die Einrichtung mietet und alles mitbringt.

Nicht aus der Schüssel, aber lecker

Eine niveauvolle Gastwirtschaft vernünftig zu betreiben, so dass nicht nur die eigenen Ansprüche sondern auch die der Gästze erfüllt werden, ist nicht jedermann gegeben. Aber es gibt viele Hilfsmittel und Möglichkeiten, der Tätigkeit rund um die Bewirtung und Unterhaltung eine Struktur zu geben, so dass der Wirt Höchstleistungen vollbringen kann und die Gäste glücklich und satt am späten Abend gehen und am besten am nächsten Tag gleich wiederkommen.
Und so kommt es immer wieder neuen Formen der Organisation eines Restaurants. Klassisch natürlich die in sich geschlossene Küche mit ihren Arbeitsbereichen, der Gastraum, teilweise ergänzt durch eine Bar, und für das gute Wetter vielleicht auch noch eine Terrasse. Zur vollständigen Ausstattung gehören dann auch noch die sanitären Einrichtungen. Je nach Platzangebot im umhüllenden Gebäude kann es hier zu durchaus kurios zu nennenden Situationen kommen: Sanitärräume auf der anderen Wegseite, Küche eine oder mehrere Etagen unter dem Gastraum, mehrere Gasträume oder Restaurants, die aus der gleichen Küche bedient werden, Klo im Keller, offene Küche direkt im Gastraum usw. usf. Die Kunst des jeweiligen Betreibers ist es, die Servicefunktionen richtig zu beschriften, dass es zu keinen Irritationen kommt. Verwendete Abkürzungen sollten da eindeutig und allgemein gängig sein. Anglizismen oder denglische Ausdrücke sind zu überlegen.
Das hier zu besprechende Esserlebnis brachte gerade auf dem erwähntem Gebiet neue Erkenntnisse. Kommen wir aber erstmal zum wesentlichen: zum Essen. Salopp zusammengefasst lässt sich sagen: Es gab Fleisch. Das ist bei einem Steakhaus als üblich anzusehen. Die Größe des Gastraums ließ die Strategie des Kochs, eher weniger steakfähige Fleischsorten, dafür aber gute und gut zu vollendende, auf die Karte zu setzen, zumindest sinnvoll erscheinen. So fehlen exotische und damit meist auch nicht gut gehende Fleischsorten auf der Karte. Die verschiedenen Teile vom Rind, vom Schwein und vom Huhn kommen in einer sehr guter Qualität auf den Tisch, der man auch die sehr gute Rohware noch nachspüren kann. Wer selbst schon mal ein Entrecôte oder ein Rib Eye Steak vom Discounter – sowas gibt es manchmal wirklich – in der eigenen Küche zubereitet hat, der weiß, dass spätestens das Fettauge geschmacklich nach hinten losgehen und bei billligen Industrierindern gern mal talgig oder noch schlimmer schmecken kann.
Nicht so im erwähnten Steakhaus. Das Fleisch, dass die Essgesellschaft auf ihren Tellern hatte, fand allgemein Anerkennung. Die Beilagen, die im Baukastensystem jeweils zum Fleischstück dazu gewählt werden, boten auch kaum Anlass zur Kritik, wenn man mal von einer durch den Service „geografisch“ falsch zugeordneten Soße absieht, die irgendwie ihren Empfänger dadurch nicht erreichte, aber nur kurz vermisst wurde.
Wobei wir damit beim Thema Service wären. Das gute Bild, dass durch die richtige Dosis Aufmerksamkeit und Beflissenheit aufgebaut wurde, bekam zwischendurch ein paar kleine Fehlstellen, die zum sonstigen höheren Niveau des Hauses nicht ganz passen wollen. Nicht wissen könnend, was kommende Gäste alles zu sich nehmen werden, waren die Plätze mit jeweils einer Gabel und einem Messer eingedeckt. Die Frage stellt sich, wie der Service mit der Situation umgeht, wenn ein Gast eine Vorspeise nimmt. Variante 1 wäre, ein passendes Vorspeisenbesteck „mitzuliefern“ oder vor der Vorspeise nachzulegen. Da das nicht passierte, wurde Variante 2 umgesetzt. Der Gast nahm zur Vorspeise das bereitliegende Besteck und für das Hauptgericht kommt dann ein neues. Aber bitte nicht vom nebenstehenden, nicht genutzten, aber eingedeckten Tisch.
Der Service kommt übrigens mit den vollen Tellern immer aus einer Tür, die abgekürzt beschriftet ist, was vermutlich – ganz denglisch – Wirtschaftscenter heißt. Mit etwas Phantasie käme ich auch noch auf „well cooking“, was dann gutes Kochen heißen sollte. Da die Sprache der Küche ja eher das französische ist, versuche ich es mal mit „wallon cuisine“, bezogen auf die Küche der Wallonie, die für ihre Fleischzubereitungen auf dem Grill so berühmt ist. Aber alle Spekulation hilft nichts, das „WC“ an der Tür, aus der der Service mit dem guten Essen kommt, heißt doch water closet und bringt doch komische Gedanken mit sich. Da sollten die Betreiber des Cayenne noch dran arbeiten.