Herbstliche Trilogie – Teil 1

Mal sehen, wie viele Teile meine “Herbstliche Trilogie” wohl bekommen wird. Konrad Beikircher fasste seinerzeit auch mehrere seiner Programme zu einer rheinischen Trilogie zusammen, und waren es am Ende 12 oder 16 Teile? Egal*. So viel wird es bei mir nicht, denn der Winter naht und die Feiertage werfen ihre Schatten voraus.

Intermezzo

Gelegentlich bin ich auch mal für etwas Werbesprech empfänglich. Vielleicht nicht auf die Art und Weise, wie sich die Absender erhoffen. Aber wenn auf einem Produkt “Neue Rezeptur” steht oder etwas vergleichbares, ist meine Neugier geweckt, was sich die Hersteller denn jetzt wieder haben einfallen lassen, um bei noch billigerer Produktion den Kunden noch mehr Geld aus der Tasche zu ziehen, was ja ein allgemeines Grundprinzip ist.

Diesmal war etwas “Jetzt noch LECKERER! und sowas lockt natürlich. Zumal ich Produkte aus vergleichbarer Produktion und sehr ähnlichem Anliegen schon mit eher unterdurchschnittlichen Ergebnissen für mich getestet hatte. Dieses Mal fiel mir ein “Veganes Erzeugnis nach Art einer Leberwurst mit Apfel und Zwiebel auf Basis von Erbsen, gegart” in den Warenkorb und ich war neugierig. Die Kombination von Leberwurst mit Äpfel und Zwiebeln ist klassisch, habe ich das hier im Blog auch schon mal gezeigt. Leberwurstbrötchen, belegft mit Apfel- und Zwiebelwürfel, die in der Pfanne angebraten wurdenHier also eine schöne grobe Leberwurst, belegt mit in der Pfanne gebratenen Apfel- und Zwiebelwürfeln auf einem frischen Brötchen. Lecker.
Leberwurstbrötchen, belegft mit Apfel- und Zwiebelwürfel, die in der Pfanne angebraten wurdenDass ich mich von meiner Vorliebe für grobe Leberwürste bei dem noch leckereren Produkt werde verabschieden müssen, war mir schon klar. Aber man soll ja tolerant sein. Allein nur: Dem Produkt ging noch mehr ab. Aber immerhin auch das erbswurstige, was ich noch bei anderen Produkten bemängelt hatte. Und Erbsen bildeten auch hier die Basis. Oder auch nicht.

Es war erstaunlich, wie ein Produkt, dass zu 20% aus Zwiebeln besteht, so wenig nach Zwiebeln schmecken kann als der Brotaufstrich. Und auch die 11% Äpfel ergingen sich in einer leichten fruchtigen Süße, die aber auch vom Zucker herrühren konnte, der selbstverständlich im Produkt vertreten ist. Soweit ein wenig Kaffeesatzleserei, was thesauriert das Lesen der Zutatenliste beschreiben sollte. Immer wieder ein interessantes Verfahren. Eigentlich müsste man alle Produkte in den Supermärkten und Diskountern mit der Zutatenliste nach vorn in die Ladenregale stellen.

Das Öffnen der Packung offenbarte eine leicht rosane Masse, die ihre Farbe von Rettich, Karotten und Paprika hatte. Auch das in der Zutatenliste als letztes aufgeführte Raucharoma war deutlich zu spüren. Abgesetzt hatte sich ein wenig Rapsöl – ich hoffe, dass es das Rapsöl war – und waberte tröpfelnd am Rand durch den Becher. Wäre es kalt gepresst, hätte es den Gesundheitsaspekt des Produktes noch weiter verbessert. Ansonsten war u.a. Inulin enthalten, das präbiotisch gut für unseren Verdauungstrakt ist. Drei Proteine sorgen für ein weiteres Gesundgefühl. Und Ballaststoffe sind auch noch drin, Citrusfasern und Erbsenfasern stehen dafür. Ich vermute mal, dass diese zusammen mit dem Inulin und der Stärke konsistenzbildend beteiligt sind, was aber spätestens im doch sehr schleimigen Mundgefühl versagt. Aber wer’s mag. Das “natürliche Aroma” und die Gewürze brachten außerdem keinen Lebergeschmack zustande, so dass das Produkt als Ersatz für Apfel-Zwiebel-Leberwurst eigentlich auf kompletter Strecke versagt, dabei aber recht gesund zu sein scheint. Wenn man auf in Wasser eingerührten Proteinpulvern steht. Die zugesetzten Proteine von Erbse, Sonnenblume und Ackerbohne sind hochverarbeitete und isolierte Substanzen, die mit ihrer Ursprungspflanze nur noch den Namen gemein haben und mit einer gesunden Nahrung aus Erbsen, Sonnenblumenkernen und Ackerbohnen nichts, aber auch gar nichts zu tun hat. Vielleicht hätte ich doch keine Butter drunter schmieren sollen. Aber der Wasseranteil ist natürlich positiv zu bemerken – wir sollen ja alle viel trinken. Und als Hauptbestandteil dieses Brotaufstrichs sei das natürlich lobend erwähnt.

Die Strategie, fleischliche Genüsse nachzubauen, um die Klimabilanz der Bevölkerung zu verbessern, halte ich nach wie vor für einen Irrweg. Das funktioniert nicht. Es scheint zwar der einfachere Weg, auf bekannten Produktbezeichnungen aufzusatteln und die neuen, meist sehr viel höher verarbeiteten Produkte zu verkaufen. Aber die Hersteller haben offensichtlich nicht das Selbstbewusstsein, die Chance zu ergreifen, mit weitaus geringer verarbeiteten Zutaten wirklich leckere Aufstriche zu produzieren, die auch eine vernünftige Konsistenz haben. Zumal sie nicht ihre eigenen fleischlichen Produkte als Referenz nehmen sollten, sondern gute, handwerkliche Ware. Außerdem müssten die “Ersatzprodukte”, so, wie sie zur Zeit angeboten werden, sehr viel günstiger sein. Die Zutaten rechtfertigen jedenfalls nicht den Preis. Es wird nur Image verkauft.

Sonntagmittag

Manchmal ist es lustig. Das Restaurants ihre Speisekarte ins Internet stellen, ist nach wie vor nicht selbstverständlich. Mein Lieblingsrestaurant macht es zwar, versteckt sie aber recht geschickt. Wenn man auf der Startseite auf “Restaurant-Karte” klickt, landet man auf einer 404-Seite der Unerreichbarkeit. Dort ist allerdings auch ein Link auf die Restaurantkarte drauf, der dann aber stimmt. 😉 Und so wusste ich bei meinem letzten Besuch, dass sie große Teile der Karte umgestellt hatten *freu*. Ein paar bewährte Standards gibt’s ja immer, aber die herbstlichen Gerichte und auch die kleinen Änderungen auf der “normalen” Karte machen neugierig. Ich werde mich vermutlich als Fanboy outen müssen und an dieser Stelle schon mal ankündigen, dass in den nächsten (4?) Wochen hier nur die Gerichte eines Restaurants besprochen werden. So viele interessante Gerichte habe ich gefunden und hoffe, sie alle probieren zu können, bevor sie wieder von der Saisonkarte verschwinden.

Beim Start wurde es wild. Medaillons vom Hirschrücken - rosa gebraten - mit wildem Brokkoli, nussigem Kartoffelpüree und Wild-Preiselbeerjus

Medaillons vom Hirschrücken, saftig und angenehm bissfest, wilder Brokkoli und nussige Stampfkartoffeln, begleitet von einem aromatischen Wild-Preiselbeerjus. Einfach nur lecker. Wobei ich bei der Lektüre der Karte noch überlegte, was wohl das nussige am Kartoffelstampf sein könnte. Nussbutter zum Beispiel, fände ich auch interessant.

Medaillons vom Hirschrücken - rosa gebraten - mit wildem Brokkoli, nussigem Kartoffelpüree und Wild-Preiselbeerjus

Aber nein. Manchmal können fragen auch reicht einfach beantwortet werden. Wer aufs Bild schaut, sieht es: Auf dem sehr angenehmen Kartoffelstampf thronen noch ein paar Nüsse. Auf dem ersten Blick sicher ungewohnt, aber langsam gewöhne ich mich auch an Nüsse im Essen. Und hier passten sie gut dazu.

Und weil alles nicht so mächtig war (wie man es leider bei anderen Gaststätten zu oft findet), war auch noch Platz für ein Dessert. Nach meiner letzten nicht so prickelnden Erfahrung mit dieser Art Süßspeise anderswo, hier mal wieder eine schöne Variante.

Vanille-Crème Brûlée mit Waldbeerenkompott und Joghurteis Das Schöne an dieser zarten Cremé mit Karamellhaube ist, dass sie seit längerer Zeit auf der Karte steht, aber immer wieder anders aussieht. Es ist zwar immer Eis und Frucht dazu, aber das variiert eben ständig. Toll. Vanille-Crème Brûlée mit Waldbeerenkompott und JoghurteisDiesmal war es übrigens ein erfrischendes Joghurteis und ein Waldfruchtkompott.

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*) Der Wikipedia-Artikel spricht von 11.

Ambiente vs. Tellerauflage

Wenn einer eine Reise tut, … Naja, die Dreiviertelstunde ist jetzt auch noch keine wirkliche Reise, aber man kommt zu dem Ort auch sehr viel geruhsamer. Übers Wasser zum Beispiel. Und ein paar Pferde begegneten uns auf dem Weg dahin auch. Oder war’s der Rückweg? Jedenfalls hat mich mein Auto unterwegs über den Unterschied zwischen Schimmel und Apfelschimmel bei Pferden aufgeklärt. Mein Auto weiß das. 😉 Ich habe da so eine Taste am Lenkrad, wenn ich da raufdrücke und dann laut und deutlich eine Frage stelle, bekomme ich auch vom Auto eine Antwort. Finde ich toll. Man muss sich auch mal über solche Kleinigkeiten* freuen können.

Apropos Tiere mit Obst im Namen. Wir kommen zum Sonntagsessen.

Sonntagmittag

Duett vom Apfelschwein (24h Sous-vide gegarter Nacken und Schweinefilet im Speckmantel), gebratene Pilze, Kartoffel-Zwiebel-Püree, SchwarzbiersauceIn rustikaler Edelatmosphäre (oder ein edler Rustikalatmosphäre) gab es ein “Duett vom Apfelschwein”. Zwei Scheiben speckumwickeltes Schweinefilet und eine Scheibe sous-vide gegarter Nacken wurden mit gebratenen Pilzen, einer Schwarzbiersoße und Kartoffel-Zwiebel-Püree ergänzt. Ein wunderbares Herbst-Winter-Gericht, vielleicht hätte ich passend zur Jahreszeit doch besser die Maishähnchenbrust mit Sommergemüse genommen, scheint dies doch eins der wenigen Gerichte zu sein, die einen maßgeblichen Gemüseanteil hatten. Selbst von den beiden vegetarischen Gerichten der Karte kommt eins völlig ohne Gemüse aus … Muss man auch erstmal hinbekommen.

Bisher hatte ich diese Speiseneinnahmestelle immer im direkten Umfeld einer Sterneküche verortet, hörte aber durchaus von Besitzerwechseln. Sowas wirkt sich ja auch mal auf die Küche aus.

Duett vom Apfelschwein (24h Sous-vide gegarter Nacken und Schweinefilet im Speckmantel), gebratene Pilze, Kartoffel-Zwiebel-Püree, SchwarzbiersauceDas zartrosa gebratene Schweinefilet wirkte leicht eingepökelt, was das ganze Gericht saftig und angenehm im Biss hielt, aber auch ein wenig versalzte. Die geschmorten Zwiebeln halfen zwar dem Kartoffelpüree ein wenig auf die Sprünge, nur leider schmeckte dies intensiv nach Flockenpüree. Ich will damit nicht sagen, dass es Flockenpüree gewesen ist. Aber Geschmack und Konsistenz … Naja, eine derartiges Produkt hätte ich in fußläufiger Entfernung von Kartoffelfeldern kurz vor der Ernte nicht erwartet. In meiner eigenen Kocherfahrung habe ich es auch mal hinbekommen, ein Kartoffelpüree wie Flockenpüree schmecken zu lassen … Aber selbst, wenn sie den gleiche Fehler gemacht haben wie ich damals: Das darf in einer solchen Küche bei dem Ruf nicht passieren.

Duett vom Apfelschwein (24h Sous-vide gegarter Nacken und Schweinefilet im Speckmantel), gebratene Pilze, Kartoffel-Zwiebel-Püree, SchwarzbiersauceDas Stück Nacken war der Karte zufolge 24 Stunden sous-vide gegart. Das machte aber auch nichts besonderes aus dem Stück. Zugegeben: Ich habe noch nie etwas gegessen, was so lange sous-vide gegart wurde. Aber entweder wird die Garmethode hoffnungslos überbewertet oder …

Außerdem hätte mich noch interessiert, auf welche Sorte sich das Apfelschwein bezieht. Gala, Elstar, Braeburn oder was? 😉 Bleibt zu hoffen, dass wenigstens eine Streuobstwiese mit Apfelbäumen beteiligt war. Atmosphäre und Ambiente wie Umfeld waren wie immer top, das Essen enttäuschte. Leider.

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*) Natürlich weiß ich, dass da die eingebaute Freisprecheinrichtung in enger Zusammenarbeit mit Google und seinen Kapazitäten in Spracherkennung, Sprachsynthese und natürlich Suchfunktionen dieses “Wunder” möglich macht.

Essen KW 37 – Kein Fisch, keine Idee, kein Spaß

Wenn ich am Sonntagabend (dem Zeitpunkt der Niederschrift dieser Blogbeiträge) am Rechner sitze, wenn’s passt nebenbei etwas Radio höre und den kulinarischen Rückblick Revue passieren lasse, dann kommt mir in den letzten Wochen gern ein kleines Lächeln auf die Lippen in Erinnerung der schönen Sachen, die ich essen durfte. Ich lächle auch diesmal ein wenig, aber nicht aus dem gleichen Grund wie sonst.
Etwas außer der Reihe (Familiengeburtstagsnachfeier) gab es diesmal auch Samstagabend schon was schönes. Da ich Euch aber nicht schon wieder mit sehr leckerem Saibling und einer ebenso schönen Crème brûlée langweilen wollte, habe ich nicht mal ein Foto davon gemacht. Und heute abend habe ich mir dann selber was gegönnt, teils aus “muss verarbeitet werden” und teils als Experiment.
Kartoffelküchlein an MedaillonspießDer Spieß mit den drei Schweinefiletmedaillons kam von meinem Lieblingsfleischer und war nach der Zubereitung erwartet lecker, zart und saftig. Ich hatte ihm noch etwas Salz und Pfeffer sowie beim Braten etwas Butter mitgegeben. Wunderbares Stück. Die Kartoffelküchlein daneben sind ein kleines Experiment. Vor einiger Zeit hatte ich mal etwas Kloßteig gekauft, den ich erst zu kleinen Kugeln, dann flachgedrückt und dann gebraten habe. Es kommt durchaus etwas gut essbares dabei heraus, aber vermutlich sollte ich den Teig noch flacher drücken und schärfer ausbacken. Oder doch Klöße draus machen. 😉 Ein dezentes Weichgummigefühl ließ sich nicht verleugnen. Das hatte ich aber auch schon mal bei Kartoffelklößen in kantinöser Umgebung erlebt. Oder war es doch eine Gaststätte …? Es kam mir irgendwie bekannt vor. Aber die Hälfte vom Teig habe ich noch, und da ich die kommende Woche selbst für meine Verpflegung zuständig bin, muss ich mal sehen, was ich damit mache.
Das Mittag am Sonntag möchte ich am liebsten Vergessen. Ich werde mich auch jeder Andeutung des Ortes verweigern. Vattern und ich waren da auch noch nicht. Das Restaurant taucht also hier noch nicht auf. Man könnte sagen, dass man die Geschichte des Ortes durchaus noch spürt/bemerkt. Mir gehen dazu einige pointierte Bemerkungen durch den Kopf. Aber: nein.
Fangen wir positiv an: Der Service war wirklich sehr gut. Zuvorkommend, höflich, aufmerksam. Einen kleinen Gruß aus der Küche gab es auch. Das Ambiente war relativ neutral, wenn gleich mit einigen interessanten Aspekten. Getränke (inkl. Zwischendurchnachfrage), der Cappuccino hinterher und alles, was eben des Services Aufgabe ist, liefen so ab, wie man es erwartet. Leider war das, was sich auf dem Teller befand, der totale Kontrapunkt.
Bratkartoffeln, Gemüse, Mediallons im SpeckmantelDrei, mit Speck umwickelte Schweinemedaillons, Gemüse und Bratkartoffeln. Das beste daran waren die Schinkenwürfel in den Kartoffeln. Ich möchte nicht in die Details gehen, aber der Tellerinhalt machte nicht den Eindruck, mittels einer Pfanne aufgewärmt worden zu sein. Es war leider einfach nur enttäuschend. Gummiartige Auberginenwürfel, Zucchini, die man nur an der Optik erkennt, Fleisch, das beim Zerschneiden etwas quietscht, trotzdem aber heiß, zart und saftig war, … Liebe Convenience-Industrie, gibt es mittlerweile vorgebratene Kartoffelscheiben, die man nur in der Mikrowelle warm machen muss? Wenn ja, wie macht man das richtig?
Vatters Portion gegenüber war so groß, dass selbst, als er gesättigt war, noch so viel auf dem Teller lag, dass zwei normale Esser davon satt geworden wären. Anfangs befanden sich allein 12 (in Worten: zwölf) Baby-Kartoffeln auf dem Teller! Was soll das? Und das Fleischstück fiel durch eine gewisse Würzlosigkeit auf. Dabei gibt es sogar zwei Varianten der Zubereitung. Auf der Karte (und damit bestellt) wurde die eine, das, was auf dem Teller lag, sah eher wie die andere aus. Typischer Fall von falsch aufgewärmt.
Ich bin wirklich traurig, dass ich das so erleben musste und hoffe, dass genug Gäste den Arsch in der Hose haben, ihre Kritik direkt im Lokal zu äußern. Ich kann das irgendwie nicht. Es steht aber zu befürchten, dass die Gästezahl eher begrenzt ist. Die heutige Stichprobe deutete intensiv darauf hin.

Geburtstagsessen (16.09.2019, abends)

Wenn man mittags leicht gegessen hat, kann man abends nochmal richtig zuschlagen. Ein Irrtum, selbstverständlich, aber was manche Gaststätten so anbieten, läuft so ein bisschen unter versuchter Körperverletzung. Und damit meine ich nicht mal die Qualität der Speisen sondern nur ihre Menge. Da fragt man sich wirklich, was sich Wirte und/oder Köche dabei denken. Falls …

Schauen wir uns den Teller doch einmal an, der zu einer abendbrotverdächtigen Zeit serviert wurde. Im Vordergrund eine übergroße Portion Pommes (die übrigens extrem lecker waren!), dahinter drei große(!) Schweinemedaillons vom Grill, ebenfalls sehr lecker und zart, dazu ein Sößchen, dessen Nachschubkanne das Bild verschweigt (oben rechts das Tellerchen mit dem Löffel beherbergte auch die Soßen-Karaffe). Aber das ist noch nicht alles, da die Küche hier noch einen Zwischenboden eingezogen hatte. Auf zwei Uhr Ist noch “etwas” Krautsalat zu erahnen, der mit vier hinreichend vollen Gabeln verzehrt war. Unter der Orangenscheibe befindet sich noch ein Klecks Bohnensalat und halbwegs unter den Pommes (sehr lecker!) verschwunden noch etwas Möhrensalat in ähnlicher Menge wie der Krautsalat.
Die sichtbaren Bohnen auf 10 Uhr und unter den Medaillons hervorschulend gehörten übrigens nicht zum Bohnensalat, sondern waren die Gemüsebeilage zum Fleisch, sehr angenehm schmeckende Speckbohnen, im Volumen mit der Pommesportion vergleichbar.
Was soll das??? Achja, ich hätte auch eine kleinere Portion bestellen können. Solange die aber unter “Seniorenportion” firmieren und nicht als normale Portion (und die jetzt ausgegebenen als Bauarbeiterportion) bezeichnet werden, warte ich da meinen Renteneintritt ab. Das dauert aber noch ein Weilchen. Und es gibt Beispiele, dass bspw. neben einer normalen Portion eine große Portion verkauft wird, für 20% Aufschlag. Luftlinie vielleicht 2 km weit weg. An dem Prinzip sollten sich einige Gasthäuser mal ein Beispiel nehmen.
Aber solche Portionen wie oben abgebildet laufen nach wie vor unter versuchte Körperverletzung. In 7 von 10 Ernährungsratgebern wird empfohlen, abends nicht mehr so viel zu essen. Und was spricht dem entgegen, Pommes und Speckbohnen mengenmäßig zu halbieren, nur zwei Fleischscheiben zu nehmen und auf dem frei werdenden Platz (so viel Platz wird gar nicht frei, wenn man dann alles nebeneinander und nicht übereinander drappiert) ein kleines Salatbouquet aus frischem Salat anzuordnen. Dazu muss man noch nicht mal groß den Preis senken, der wäre für das beschriebene durchaus akzeptabel. Satt wird man auch, und sollte der Hunger doch etwas größer sein, kann man a) eine doppelte Pommesportion oder b) ein schönes Dessert bestellen.
Liebe Wirte und Köche! Es muss umgedacht werden! Gibt es noch nicht genug übergewichtige Menschen?! Muss es eine Kalorienobergrenze für Speisen in Gaststätten und Restaurants geben? Oder die Verpflichtung, dass alle Köche die Speisenmenge, die zurück in die Küche kommt, selbst essen müssen?

Ab in die Pfanne

Heute gab es mal ein schnelles Abendbrot direkt aus der Pfanne. Und es war kein Steak dabei. Ich wollte mal die angebotenen Schweinefiletmedallions ausprobieren. Aber irgendwas musste noch dazu.
Medallions in Soße mit Bratwrukenscheibe
Die Schweinefilets, vom Fleischer bereits vorgeschnitten, waren nicht so der Bringer, ließen sie sich doch nicht noch weiter zu Medallions plattieren. Also kamen sie einfach so in eine heiße, mit wenig Öl ausgekleidete Pfanne. Als sich erste Bratspuren bildeten, kam die Scheibe … tja, was ist das für eine Scheibe? Nun, wer den letzten Artikel hier im Blog gelesen hat, wo gekocht wurde, wird sich an eine der Hauptzutaten erinnern: Wruke (vulgo: Steckrübe). Da ich für die Suppe nur eine halbe verwendet hatte, bot sich die Möglichkeit einer schönen großen Scheibe. Die rieb ich beim Mitbraten in der Pfanne über den sich Bratensatz, ohne sie umzudrehen. Letztendlich wurde die Wrukenscheibe wie ein Steak zubereitet: Nur einmal umdrehen.
Als ich das Fleisch zum Ruhen aus der Pfanne entfernt hatte, kam, um den letzten Bratensatz abzulösen, noch etwas Butter mit in die Pfanne. Da ich den Pfanneninhalt beim Braten gesalzen und gepfeffert hatte, unterstellte ich eine gewisse Würzigkeit in dem, was sich noch im Bratgeschirr befand. Da die Wrukenscheibe vermutlich eher etwas Süße mitbrachte, erfrischte ich das Gericht durch die Anwendung eines guten Löffels Creme fraiche, deren Säure den angenehmen Widerpart bildete.
Auf dem Teller kam dann alles wie oben zu sehen zusammen. Ein paar Kräuter hatten noch den Weg in die Soße gefunden, sie war fast das beste auf dem Teller. Aber auch die Wrukenscheibe, al dente gebraten, konnte als Beilagenidee überzeugen. Und die nächsten Medallions schneide ich wieder selber.

Gewitter über Land und Meer

Grau sah es aus an diesem Novembertag, als die Reise auf Deutschlands sonnenscheinreichste Insel ging. Das Wetter verhöhnte diesen Slogan nach Kräften, es hätte nicht verwundert, wenn auch noch Schneegriesel gefallen wäre oder von irgendwoher ein Donner grollte. Kollege Volksmund ist da ja immer mit Tipps parat, auch wenn diese sich mittlerweile überholt haben bzw. auch als falsch nachgewiesen sind. Das gilt im Gewitterfall auch für den Spruch: “Eichen sollst Du weichen, Buchen sollst Du suchen.” Zumindest auf den ersten Teil des Satzes sollte man manchmal doch öfter hören.
Neben vielerlei Badespaß bietet Usedom dem, der zu gehen, hören, schmecken, sehen, fühlen und spüren fähig ist, allerlei Zerstreuung, Anregung und Betätigung. So verschlug es zwei hungrige Autofahrer in den Süden der Insel. Da das Kulturprogramm wegen Geschlossenheit ausfiel, wurde der niedergehende Nieselregen schnell durcheilt, um dem Ziel der Atzung näher zu kommen. Der Einzug in ein Hotelrestaurant geschah zügig und nicht unbeobachtet, so dass der Service seine Tätigkeit aufnehmen konnte.
Bei diesem Aspekt des gastronomischen Erlebnisses können wir gern ein wenig verweilen, da hier (und nur hier) der positive Teil dieser Geschichte stattfindet. Wohldosierte Aufmerksamkeit dem Gast gegenüber war verbunden mit einem angenehmen, vielleicht etwas ange- aber auf keinen Fall verstaubten Ambiente. Der Gast hatte die Wahl, Getränke gleich oder erst nach dem Studium der Karte zu bestellen, leere Gläser und Flaschen wurden bemerkt, das Besteck entsprechend der Bestellung gerichtet. Und, um das Ende mal vorweg zu nehmen, auch das Ding mit dem Espresso und Cappuccino klappte beinahe makellos, auf jeden Fall besser als in JEDEM(!) anderen bisher besuchten Lokal. Auf die Bestellung je eines doppelten Espressos und eines Cappuccinos kamen die Getränke auf kleinen Tabletts und der Espresso war automatisch ergänzt durch ein kleines Glas Wasser und ein Zuckerdöschen. Das hätte ich mir auch für meinen Cappuccino gewünscht. Aber man hilft sich als Gast gern gegenseitig aus. Das kleine Manko: Zumindest der Espresso unter dem Milchschaumhäubchen hätte durchaus etwas aromatischer und kräftiger sein können. Aber auch das ist Geschmackssache.
Der Besuch fiel zufällig in die 9. Usedomer Wildwochen und so war die Hauskarte durch eine kleine Wildspeisekarte ergänzt. Drei Wildgerichte und eine Suppe standen zur Auswahl, und auch die normale Speisekarte führte das eine oder andere Wildgericht auf. Die Usedomer Waldpilzcremesuppe, eine (unvermeidliche) Soljanka, einen Burger Helbut und Wildschweinmedaillons mit einem Kartoffel-Birnen-Gratin, Gemüse-Julienne und Soße standen neben ein paar Getränken am Ende auf der Rechnung und vorher auf dem Tisch. Die Soljanka war mit Ausnahme der eben gemachten Aufzählung nicht weiter erwähnenswert. Die Waldpilzcremesuppe allerdings war das schleimigste und die Pilze darin das fehlaromatischste, was ich bisher erlebt habe. Man konnte den falschen Eindruck haben, dass über die Pilze vor dem Trocknen noch eine Schnecke rübergelaufen ist, die aber später mit verarbeitet wurde. Warum keine frischen Pilze verwundet wurden – habe ich nicht gehört, wir hätten gerade eine hervorragende Pilzsaison? – wird ein ewiges Geheimnis der Küche bleiben.
Während man sich an den Suppen noch beinahe die Zunge hätte verbrühen können, bestand diese Gefahr bei den Hauptgerichten nicht mehr. Vielleicht waren sie schon vor den Suppen fertig? Man weiß es nicht. Der Wildburger Helbut bestand aus einem großen blonden Sesambrötchen, dass mit gesprengtem Eisbergsalat, Tomatenfragmenten, angebratenem und dann kochend gegartem Wildfleisch und einer cremig-süßen Soße (ich dachte erst, es wäre eine Cocktail-Soße, aber es muss irgendwann mal eine Preiselbeere vorbeigelaufen sein) belegt war. Das Wildfleisch war kein Burger (also Hackfleisch) im klassischen Sinn, sondern war nur in dünne Scheiben geschnitten und “verrückt” auf den Salat geschichtet. Das Wort “verrückt” entstammt übrigens der Speisekarte.
Zum Helbut gab es ein Kännchen Bratensoße, einer aromatischen, aber dünnen, eher an Brühe erinnernden Flüssigkeit, die so schmeckte, als ob das im Burger befindliche Fleisch darin gegart wurde. Es könnte auch sein, dass das Fleisch so schmeckte, als ob es in dem Fond gegart wurde, aber das wäre ja fast das selbe. Während man beim Italiener gern mal Brot zum Essen dazu bekommt, um letzte Tropfen leckerer Soße damit vom Teller zu bekommen, war der Inhalt des Kännchens dazu da, über das Burgerbrötchen geschüttet zu werden. Wenn jetzt aber diese nur sehr zart angetoastete sesambestreute und aufgeblasene Mehlwatte mit Flüssigkeit in Berührung kommt, weiß jeder, was damit passiert. Statt des Handwerkerspruches “Nach fest kommt ab.” gilt hier “Nach feucht kommt Matsch.” Ursprünglich wollte ich auch nur das Fleisch mit der Soße überschütten, aber die Bauart des Burgers ließ es nicht zu, war doch die cremige Burgersoße nicht unterhalb des Fleisches – wie es sich gehört – sondern obendrauf.
Zart und weich, so war das Burgerbrötchen und auch das Fleisch im Burger. Die Wildschweinmedaillons auf dem anderen Teller waren es nicht. Eigentlich ist sowas ja das feinste vom Tier. Das Filet wird in dicke Scheiben geschnitten, die werden sanft plattiert und dann kurz gebraten. Würzung nicht vergessen. Was aber hier als Medaillons auf den Teller kam, war an Zäh- und Festigkeit kaum zu übertreffen. Das Haus hat übrigens gutes Besteck, was in dem Zusammenhang positiv erwähnt werden sollte. Damit hier nicht nur negatives steht. Vielleicht kommentiert auch der Esser mal, ob er am nächsten Tag Kaumuskelkater hatte. Eine schöne Trainingseinheit für markante Gesichtszüge war der Verzehr der Filetscheiben auf jeden Fall.
Auch der Rest der Tellerauflage bekleckerte sich nicht mit Ruhm. Bei Wein und anderen Getränken gibt es bekanntermaßen eine empfohlene Trinktemperatur. Bei Wildfleischgerichten sollte es sowas auch geben, bei den Gerichten war sie auf jeden Fall nicht erreicht (und gerade Wild lebt von ein wenig Temperatur). Aber auch das Kartoffel-Birnen-Gratin half da nicht dem Wohlempfinden auf die Sprünge.
Im großen und ganzen kann man in diesem Fall nur froh sein, dass die Usedomer Wildwochen am Tag des Erscheinens dieses Artikels ihren letzten Tag haben. Es bleibt zu überprüfen, ob die Gerichte der normalen Speisekarte besser beim Gast ankommen als die von der Spezialkarte. Ansonsten gilt für den Gasthof “to’n Eikbom” in Dargen auf Usedom: “Eichen sollst Du weichen …” (Volksmund).