Es ist immer wieder erstaunlich, wie gut hierzulande Erfindungen genutzt werden. Das betrifft nicht nur die Technologie, wie es an den Beispielen vielleicht herüberkommen wird, sondern auch die Kulinarik (mal im weiteren Sinn). High End Erfindungen ihrer Zeit kamen und kommen aus deutschsprachigen Regionen, die Geschäfte auf dem Weltmarkt machen dann andere. Bei der Entwicklung des Faxgerätes waren deutsche Erfinder (Korn, Dieckmann) nicht unwesentlich beteiligt, bei Kernkraft und Raumfahrt auch. Und auch auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien und ihrer Erzeugung kommt/kam viel Know how aus Deutschland, die Geschäfte werden aber jetzt woanders gemacht. Die Liste ist (fast) beliebig fortsetzbar.
Ebenfalls eine deutsche Erfindung ist Fanta, wenngleich das damals unter dem Namen verkaufte Getränk mit dem heutigen nicht viel zu tun hatte. Dessen Rezeptur kam dann wohl eher aus Italien. Mittlerweile gibt es mehrere Geschmacksrichtungen standardgemäß und ab und zu auch mal neue Sorten – zumindest als Testballons. Bisher stand ja meist drauf, was das denn für eine Geschmacksrichtung ist, was auch wichtig ist, da die Aromastoffe meist ihren natürlichen Vorbildern nicht mehr so wirklich zuzuordnen sind. Und man will doch wissen, was man da in sich hineinschüttet.
Unlängst entdeckte ich eine Rätselvariante in Lila und traute mich nicht, diese zu kaufen. Das lag im wesentlichen daran, dass ich vor Jahren mal die Chance hatte, eine südamerikanische Fanta Grape zu probieren, die richtig chemieeklig künstlich schmeckte, was ich mir nicht nochmal antun wollte.
Ich darf vorwegnehmen, dass diese lila Fanta nichts mit der Weinschorlenfanta aus fernen Landen zu tun hatte. „Interessant“ ist hier eher als Bewertung angebracht, zumal es doch verwundert, wie weit die Lebensmittelchemie offensichtlich mittlerweile ist. Die Plörre hatte irgendwie was cremiges, eher geschmacklich als vom Mundgefühl, was mich doch sehr erstaunte. Das führt auch dazu, dass ich als Geschmacks- und Geruchsnote nicht Vanille angeben würde sondern Vanillepudding. Aber es ist es nicht allein, eine fruchtige Note ist ebenfalls enthalten, so dass ich mich letztendlich auf „Vanillepudding mit schwarzen Johannisbeeren“ durchgerungen habe, sicher auch unter Berücksichtigung des Aussehens des Getränks. Gut gekühlt ging das Getränk auch gut runter, dass es nur mit Süßstoffen gesüßt war, fiel bei der übrigen Aromatisierung nicht so auf. Das macht es aber noch lange nicht zu einem gesunden Getränk, wie die WHO unlängst feststellte (hier und hier).
Sonntagmittag
Haxe, meist in ihrer Form als Schweinshaxe, verfolgt mich schon länger, allerdings ohne mich je eingeholt zu haben. Die Hintergründe dafür sind vielfältig. Ein nicht ganz unwesentlicher ist das Klischee, dass ich vor allem für diejenigen sowas von erfüllen würde, die mich nicht kennen, aber beim Verzehr einer Schweinshaxe beobachten würden. Irgendwie hat so eine Haxe ein Imageproblem. 😉 Dabei muss der Verzehr gar nicht mal so ungesund sein, wie man immer denkt. Das Fleisch einer Haxe ist bei richtiger Zubereitung schön saftig und dabei gar nicht mal sehr fett. Dabei gilt es natürlich, dass umgebende Fettgewebe nicht mitzuessen, was für einige durchaus ein Frevel ist. Lässt man es aber beim Verzehr auf dem Teller, sieht der am Ende natürlich wie ein Schlachtfeld aus und irgendwie hat man auch dank des Knochens das Gefühl, der größte Teil der Haxe geht wieder zurück in die Küche.
Bei der Zubereitung von Haxen gibt es im Großen und Ganzen zwei wesentliche Varianten: kochen und grillen/backen. Das Ergebnis des ersten ist das allbekannte Eisbein, das andere führt zur Grillhaxe. Obwohl ich auch das sanfte Eisbeinfleisch mag (das schwabbelige Fett ist nicht so mein Ding, wobei: mit etwas gutem Senf geht schon mal ein Häppchen), ziehe ich die Grillhaxe vor. Vor allem, wenn sie perfekt zubereitet ist. Das hieße, dass innen ein saftiges Fleisch vorhanden ist und die Schwarte außenrum schön knusprig ist. Das äußere Fett hat dabei die Haxe zum großen Teil verlassen und alles ist wunderbar. Nur leider: Sowas gibt es in der hiesigen Gastronomie nicht und man ist auf’s Selbermachen zurückgeworfen. Aber auch hier hängt alles am Erwerb einer schönen Haxe, was auch nicht so einfach ist. Vor gefühlten Ewigkeiten habe ich mich mal an sowas rangetraut und es wurde recht ordentlich, aber ich habe alle Archive durchforstet und muss wohl sagen, dass ich es nicht ordentlich dokumentiert habe. Wobei: Eine entsprechende EiTV-Folge gibt es. Lang ist’s her.
Mit Freude las ich dann auf einer Speisekarte, dass sich doch ein Restaurant an sowas wie eine Grillhaxe (zumindest die Richtung) herangewagt hat. Sie kam als gebackene Haxe auf den Tisch und kann der Grillhaxe schon recht nahe kommen (immerhin sind das, was ich bisher selber gemacht habe, auch eher gebackene als gegrillte haxen gewesen). Bei einem solchen Gericht stößt man aber auch schnell auf einen grundsätzlichen Widerspruch in der Gastronomie, der so einfach nicht aufzulösen ist, zumindest aus Haxensicht. Was macht man, wenn man einen Gast nicht länger als vielleicht eine halbe Stunde auf sein Essen warten lassen will, die Zubereitung eines Gerichtes aber sehr viel länger dauert? Die Lösung ist im Ansatz relativ einfach. Man bereitet das Gericht bis zu einem Punkt vor, wo es fast fertig ist und konserviert diesen Zustand. Und wenn es der Gast dann abfordert, macht man den Rest. Convenience-Aufwärmer machen in dem Zusammenhang den ersten Schritt nicht selber, sondern kaufen ihre Gerichte vorbereitet und vorgekocht ein und finalisieren sie dann nur noch.
Das Problem ist dann nur, dass manches durch die Unterbrechung des Garvorgangs und die Konservierung zwischendurch auch nicht besser wird. Aber wer will auch anderthalb Stunden oder länger auf so manches Gericht warten? Vielleicht gibt es ja irgendwann Restaurants, wo man bei der Reservierung schon seinen genauen Eintreffzeitpunkt und seine Menüwahl mit angibt und dann vom Rohzustand der Zutaten aus in einem Zug zubereitete Speisen genießen zu können. Aber auf das Konzept wird sich wohl kein Gastronom einlassen, zu unsicher ist das Gästeverhalten bzgl. ihres Erscheinens.
Kommen wir aber vom allgemeinen Philosophieren zum konkreten Essen. Die Nockerln bestehen übrigens aus Kartoffelbrei, das Sauerkraut war wirklich sehr lecker und die Soße passte wunderbar dazu. Der Hinweis, dass Senf eher zu Eisbein und weniger zu Grill-Haxen gereicht wird, wäre hier ein Jammern auf hohem Niveau und vielleicht hätte ich ja auch welchen bekommen, wenn ich ihn bestellt hätte. So gab es eben keinen. 😉
Die Frage ist auch immer, wie man sowas halbwegs elegant isst. Aber das Problem löste sich, da das Fleisch so zart war, dass es fast vom Knochen fiel und man mit ein wenig Herumgezerre mit der Gabel alles gut vom mit den Fingern gehaltenen Knochen bekam. Geschmacklich sehr gut gelungen, gibt es leider ein wenig Punktabzug im Mundgefühl, was aber sicher komplett durch die zweigeteilte Garung begründet ist. Und wenn man sich bei der Vollendung entscheiden muss, ob man das Stück knusprig oder saftig zum Gast gebracht haben möchte, gilt es, Kompromisse einzugehen. Und zur Not gibt es ja die gute Soße. 😉